Hamburg. Die evangelische Kirche in Hamburg wird auch künftig Menschen mit Aids und HIV begleiten. Pastor Thomas Lienau-Becker wird am Sonntag, 23. September, als neuer Aidsseelsorger in sein Amt eingeführt. Auch wenn eine HIV-Infektion heute durch Medikamente gut behandelt werden könne, sei die Diagnose HIV immer noch prägend für das weitere Leben, sagt der 58-Jährige. "Aids ist kein Thema wie jedes andere." Die Kirche wolle damit auch auf Menschen zugehen, deren Lebenswelt eher ungewöhnlich für eine typische Kirchengemeinde ist. Er ist Nachfolger von Detlev Gause (66), der das Amt 13 Jahre lang innehatte und in den Ruhestand gegangen ist.
Elf Jahre lang war Thomas Lienau-Becker Propst in Kiel. Dass ein leitender Geistlicher wieder eine Pfarrstelle übernimmt, ist in der Nordkirche immer noch sehr ungewohnt. Sein Alltag sei oft von Terminen und Organisationsfragen bestimmt gewesen, sagt er. Jetzt freue er sich auf seine neue Aufgabe auch deshalb, weil er wieder mehr als Seelsorger tätig sein könne. Am 1. September hat er seine Arbeit begonnen. Zuvor hat er während einer Sabbatzeit auf schottischen Inseln Einsamkeit und spirituelle Orte gesucht, um sich auf das neue Amt vorzubereiten.
Aufgewachsen in Hamburg
Thomas Lienau-Becker ist im Osten Hamburgs aufgewachsen. Nach seinem Studium in Hamburg, Marburg und Paris war er Gemeindepastor in Hamburg-Wilhelmsburg, ehe er in die Kieler Michaelisgemeinde zog. Für sein neues Amt sei es sicherlich von Vorteil, dass er sich in der Hamburger Schwulenszene auskenne. Sein Wohnsitz und sein Arbeitplatz sind zentral in St. Georg. Die ersten morgendlichen Jogging-Runden um die Alster hat er schon hinter sich. Ein Anlass für den Wechsel war auch, dass sein Lebenspartner in den Ruhestand getreten war.
Mit Einrichtung der bundesweit ersten Pfarrstelle für die Aidsseelsorge betrat die evangelische Kirche in Hamburg 1994 Neuland. Gesucht wurde ausdrücklich ein homosexueller Seelsorger. Der Pastor und Aids-Experte Rainer Jarchow übte dieses Amt zehn Jahre lang aus. Inzwischen heißt er Rainer Ehlers und lebt auf Helgoland. Mittlerweile sei die Aidsseelsorge "ein kleiner Betrieb", wie Lienau-Becker sagt. Ein sechsköpfiges Team mit Psychologen und Sozialpädagogen ist hier hauptamtlich tätig. Dazu kommen rund 20 feste Ehrenamtliche. So zählt auch das Einwerben von Zuschüssen und Spenden zu den Aufgaben des Aidsseelsorgers.