In vielen Fragen der Flüchtlings- und Migrationspolitik streben die künftigen Koalitionspartner schärfere Maßnahmen an. Kritik daran kommt von den Kirchen.
In Sachen Migrationspolitik streben Union und SPD in vielerlei Hinsicht eine Verschärfung an. In ersten Reaktionen üben nicht zuletzt die Kirchen Kritik an den Vorhaben. Ihr Tenor: Die Reformen schadeten den Schwächsten der Gesellschaft.
So sollen Asylsuchende “in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn” an den Grenzen zurückgewiesen werden, wie aus dem am Mittwoch vorgelegten Entwurf für einen Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD hervorgeht. Auch wollen die künftigen Partner “alle rechtsstaatlichen Maßnahmen ergreifen, um die irreguläre Migration zu reduzieren”. Bis zu einem funktionierenden Außengrenzschutz in Europa sollen die Grenzkontrollen an allen deutschen Grenzen fortgesetzt werden. CDU-Chef Friedrich Merz betonte: “Wir werden einen neuen Kurs in der Migrationspolitik einschlagen.” Er kündigte – unter anderem – eine “Rückführungsoffensive” an.
Union und SPD wollen freiwillige Aufnahmeprogramme beenden und keine neuen auflegen. Nach Afghanistan und Syrien wollen die Parteien abschieben – zunächst Straftäter und Gefährder. Die Zahl der Abschiebungen soll zudem gesteigert werden. Auch soll eine freiwillige Rückkehr gefördert werden. Im Falle einer schweren Straftat ist in der Regel die Ausweisung vorgesehen. Bestehende Einschränkungen der Leistungen für Ausreisepflichtige sollen konsequent umgesetzt werden.
Der Familiennachzug zu sogenannten subsidiär Schutzberechtigten wird laut den Plänen befristet für zwei Jahre ausgesetzt – Härtefälle ausgenommen. Asylverfahren wollen Union und SPD deutlich beschleunigen. Verstärkt wollen die neuen Partner Migrationsabkommen mit anderen Staaten abschließen, um legale Zuwanderung zu steuern und eine Rücknahmebereitschaft sicherzustellen. Die Zahl der als sicher geltenden Herkunftsländer werde erhöht.
Der evangelische Flüchtlingsbischof Christian Stäblein erklärte, die Ankündigung von Veränderungen im großen Stil mache hellhörig. Reformen dürften nicht auf dem Rücken von Notleidenden geschehen. Stäblein: “Als Kirche werden wir uns weiterhin deutlich für die Menschenrechte der Schwächsten einsetzen.” Konkret kritisierte er das Aussetzen des Familiennachzugs für eingeschränkt Schutzberechtigte. Das sei ein fatales und falsches Zeichen. Auch die generelle Beendigung von Aufnahmeprogrammen für besonders gefährdete Gruppen sei ein Entzug übernommener Verantwortung.
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) übte ebenfalls Kritik an den migrationspolitischen Plänen. Das seien keine Botschaften eines Einwanderungslandes. “Wir als ZdK lehnen diese Pläne ab”, sagte Irme Stetter-Karp, Präsidentin des höchsten repräsentativen Gremiums des deutschen Laien-Katholizismus.
In Sachen Integration haben Union und SPD vor, die “Turboeinbürgerung” schon nach drei Jahren wieder abzuschaffen. Sie war im Sommer 2024 eingeführt worden. Darüber hinaus wollen die Parteien aber an der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts festhalten. Damit blieben doppelte Staatsbürgerschaften und eine Einbürgerung nach fünf Jahren generell möglich.
Im Entwurf des Koalitionsvertrags heißt es: “Integration muss weiterhin gefördert, aber intensiver als bisher eingefordert werden.” Integrationskurse sollen demnach fortgesetzt und Kitas mehr einbezogen werden, um Integration von Anfang an zu fördern. Für gut integrierte geduldete Ausländer soll es mit einer Stichtagsregelung unter bestimmten Voraussetzungen einen neuen befristeten Aufenthaltstitel geben.
Ukrainische Flüchtlinge, die nach dem 1. April 2025 eingereist sind oder einreisen, sollen geringere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, sofern sie bedürftig sind. Bislang bekommen sie Bürgergeld oder Sozialhilfe.