Als ein Zeichen gegen Antisemitismus hat Vizekanzler Robert Habeck die Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen an den Präsidenten der Konferenz der europäischen Rabbiner, Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, bezeichnet. Die diesjährige Auszeichnung sei ein „Zeichen dafür, dass jüdisches Denken und jüdisches Leben Europa reicher macht – ja ausmacht“, sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag als Festredner bei der Preisverleihung in Aachen. Neben Goldschmidt werden auch die jüdischen Gemeinschaften in Europa mit dem nicht dotierten Preis gewürdigt.
Gleichwohl müsse man eingestehen, dass der Antisemitismus „in die Geschichte Europas“ auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs „eingraviert“ sei, erklärte Habeck. Aktuell seien antisemitische Tendenzen in den Gesellschaften „ausgeprägter denn seit langem“. Dabei sei das europäische Judentum aber „nicht etwas, gegenüber dem Toleranz einzufordern wäre, sondern der Grund für gelebte Toleranz“, sagte der grünen Minister vor den rund 700 geladenen Gästen. Das Judentum in Europa sei der „europäischen Idee eingeschrieben, es macht die europäische Idee aus“.
Der seit 1950 verliehene Karlspreis gilt als eine der wichtigsten europäischen Auszeichnungen. Der Preis wird an Menschen und Institutionen verliehen, die sich um Völkerverständigung und die Einigung Europas verdient gemacht haben. Zu den bisherigen Preisträgern gehören unter anderem der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, Altbundeskanzlerin Angela Merkel und Papst Franziskus.
Pinchas Goldschmidt wurde am 21. Juli 1963 in einer jüdisch-orthodoxen Familie in Zürich geboren. Von 1989 bis 2022 arbeitete er als Rabbiner in Moskau. Nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine verließ er im Juli 2022 Russland.
Goldschmidt ist seit 2011 Präsident der Konferenz der europäischen Rabbiner mit Sitz in München, die nach eigenen Angaben rund 800 aktive Rabbiner in Europa vertritt. Er engagiert sich zudem für den interreligiösen Dialog und war 2015 Mitgründer des „Muslim-Jewish Leadership Council“, einem jüdisch-muslimischen Expertenrat mit Sitz in Amsterdam, der den Erhalt von Religionsfreiheit und religiösem Frieden sowie eine Vertiefung des Dialogs zwischen Europas rund 1,5 Millionen Juden und über 40 Millionen Muslimen zum Ziel hat.