Artikel teilen

Gutachten belastet Hamburger Erzbischof Heße

Elfmal hat der 54-Jährige laut der Untersuchung seine Pflichten verletzt, als er noch in Köln arbeitete. Über ein Gespräch Heßes mit einem beschuldigten Priester sei bewusst kein Protokoll angelegt worden.

Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße
Der Hamburger Erzbischof Stefan HeßeRalf Adloff / epd

Köln. Das Gutachten zum Umgang mit Missbrauchsfällen im Erzbistum Köln belastet unter anderem den Hamburger Erzbischof Stefan Heße (54). Die Anwaltskanzlei Gercke & Wollschläger attestiert dem früheren Kölner Personalchef in ihrer Untersuchung elf Pflichtverletzungen – gemessen am staatlichen und kirchlichen Recht sowie am kirchlichen Selbstverständnis. Es handele sich um Verstöße gegen die Aufklärungs- und gegen die Meldepflicht.

Heße sei bereit gewesen, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, sagte der Strafrechtler und Studienautor Björn Gercke bei der Vorstellung der Untersuchung. Er habe viele Tausend Seiten Aktenmaterial vorgelegt bekommen. Zur Anhörung sei er zusammen mit seinem Anwalt und seinem Justiziar gekommen. In einigen Fällen sei es Heße gelungen, die Vorwürfe gegen ihn auszuräumen.

Anschuldigungen stets zurückgewiesen

Heße ist seit 2015 Erzbischof von Hamburg und war zuvor ab 2006 Personalchef und von 2012 bis 2015 Generalvikar im Erzbistum Köln. Bereits im Vorfeld der Studienpräsentation bekannt gewordene Anschuldigungen hatte er stets zurückgewiesen.

So war unter anderem der Vorwurf öffentlich geworden, dass Heße als Personalchef über ein Gespräch mit einem beschuldigten Priester kein Protokoll geführt habe, damit es im Falle staatlicher Ermittlungen nicht beschlagnahmt werden kann. Dazu sagte die Co-Autorin der Studie, Kerstin Stirner: Das aktuelle Gutachten habe ergeben, “dass ein Protokoll bewusst nicht gefertigt wurde“.


Mehr zum Thema
Erneut Vertuschungsvorwürfe gegen Hamburger Erzbischof Heße
Katholische Jugend fordert Erzbischof Heße auf, Amt ruhen zu lassen
Erzbischof Heße: Ich habe keine Missbrauchsfälle vertuscht


Die Studie belastet auch den Kölner Weihbischof und früheren Generalvikar Dominikus Schwaderlapp (53), den früheren Kölner Generalvikar Norbert Feldhoff (81), den Leiter des Kölner Kirchengerichts Günter Assenmacher (69) sowie die bereits verstorbenen Kölner Erzbischöfe Joseph Höffner (1906-1987) und Joachim Meisner (1933-2017). Den amtierenden Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki (64), der das Gutachten in Auftrag gegeben hatte, treffen laut der Untersuchung keine Vorwürfe. In keinem einzigen Fall attestieren die Gutachter den Verantwortlichen Strafvereitelung im strafrechtlichen Sinn.

Als erste Reaktion auf die Präsentation entband Woelki Weihbischof Schwaderlapp und Offizial Assenmacher von ihren Aufgaben. Am kommenden Dienstag will er sich zu weiteren Konsequenzen äußern.

Auch Gutachten aus Müchen wird veröffentlicht

Das Erzbistum Köln hat das komplette Gutachten hier veröffentlicht. Ab Donnerstag, 25. März, sollen Betroffene, Journalisten und weitere Interessierte die Möglichkeit zur Lektüre des Münchener Gutachtens bekommen, das bislang zurückgehalten worden war. (KNA)