In Deutschland diskutiert die Politik über den richtigen Umgang mit Israel. Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour zeigt sich besorgt – hat aber auch Verständnis für Kritiker angesichts des Leids im Gazastreifen.
Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour sieht eine schrumpfende Solidarität Deutschlands mit Israel. Diese Entwicklung vollziehe sich in “besorgniserregendem Tempo”, sagte Nouripour im Interview der “Jüdischen Allgemeinen” (Mittwoch). Deutschland habe eine Verantwortung und Verpflichtung, die gelten müsse. “Nur gemeinsam können wir Sicherheit, Frieden und Freiheit erreichen.”
Der Bundestagsvizepräsident sagte, er habe Verständnis für Kritiker. “Die Lage für die Menschen in Gaza ist verheerend, die Bilder von dort sind unerträglich. Da ist Kritik notwendig.” Die Kriegsführung der Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im Gazastreifen dürfe man nicht kommentarlos stehen lassen. Die Situation der Zivilbevölkerung sei katastrophal.
“Es bereitet mir aber große Sorgen, wenn ich Berichte lese und Reden höre, die den Kontext des Krieges weglassen. Der Terroranschlag vom 7. Oktober wird zum Teil einfach ausgeblendet. Das Gleiche gilt für das Schicksal der Geiseln”, betonte Nouripour. Dabei könne die Hamas den Krieg sofort beenden. “Verschwiegen wird oft auch, dass die Hamas es darauf anlegt, dass die Menschen in Gaza unerträglich leiden.” Das diene den “perversen politischen Zielen dieser Terrororganisation”.
Angesprochen auf eine Äußerung von Außenminister Johann Wadephul (CDU), er werde sich nicht von der israelischen Regierung instrumentalisieren lassen und es werde keine “Zwangssolidarität” geben, sagte Nouripur: “Das ist fatal. Was will Wadephul uns damit sagen? Wer hat ihn denn zur Solidarität gezwungen? Eine solche Wortwahl ist geeignet, die deutsche Staatsräson zu relativieren.”
Denn: “Wie kann man auf der einen Seite von ‘Zwangssolidarität’ sprechen und auf der anderen von ‘Staatsräson’? Für mich passen die beiden Begriffe nicht zusammen. Wenn wir zur Solidarität gezwungen wären, wären wir nicht mehr solidarisch”, sagte Nouripour.
In Deutschland wird derzeit über den Umgang mit Israel diskutiert. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte gesagt: “Das, was die israelische Armee im Gazastreifen macht, ich verstehe – offen gestanden – nicht mehr, mit welchem Ziel.” Die Zivilbevölkerung derart in Mitleidenschaft zu nehmen, lasse sich nicht mehr mit einem Kampf gegen den Terrorismus der Hamas begründen.
Wadephul unterstrich am Mittwoch anlässlich des Besuchs seines israelischen Amtskollegen Gideon Saar: “Ich glaube, dass die Bundesrepublik Deutschland eine klare Verantwortung hat, für die Sicherheit und die Existenz Israels einzustehen.” Das schließe nicht aus, “dass wir unter Freunden auch Kritikpunkte und Hinweise haben”.