Auf den ersten Blick sehen die leuchtend grünen Kajaks wackelig aus. Über die Seite klettere ich in den Zweisitzer – auf den hinteren Sitz. Heute werde ich paddeln und lenken. Als ich im Boot sitze, wackele ich ein paar mal hin und her, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Dann klettert mein Kollege Hagen Grützmacher mit ins Boot. Er schnappt sich einen Kescher, bereit, jedweden Gegenstand, der nicht in die Trave gehört, herauszuziehen.
Das Boot ist von GreenKayak, einer dänischen Nichtregierungsorganisation (NGO). Ihr Konzept: auf Freiwillige bauen, die sich beim Kajakfahren für den Umweltschutz einsetzen. An Fjorden, Förden, Flüssen und Seen sind die Boote vor allem in Dänemark, Norwegen, Schweden und Deutschland zu finden. Online können die Boote kostenlos reserviert und geliehen werden. Ein Vorlauf lohnt sich, denn in der Hauptsaison sind die auf ein Zeitfenster von zwei Stunden begrenzten Touren sehr beliebt.
Seit Mai 2025 stehen auch in Lübeck vier Kajaks an zwei Standorten bereit. Möglich gemacht haben das Finn Witt von der Lübeck Port Authority (LPA) und Jana Sperlich von den Lübecker Entsorgungswerken (EBL). Gemeinsam haben sie die NGO nach Lübeck geholt und damit die Trave schon im ersten Monat von mehr als 170 Kilo Müll befreit.
Wo man mit Paddeln Müll sammeln kann
Neben Lübeck gibt es in Norddeutschland fünf Standorte in Hamburg und einen in Flensburg. Deutschlandweit konnten mit rund 20 Kajaks 2024 mehr als 9800 Kilo Müll aus Gewässern entfernt werden. Weltweit waren es im selben Jahr rund 134 Tonnen.
Wir stoßen uns vom Steg ab und gleiten über das Wasser. Müll sehen wir noch keinen. „Aber im Einstiegsbereich wurde bestimmt der ganze Müll schon eingesammelt“, denke ich. Auf dem Fluss ist es ruhig, die Sonne scheint, und das Wasser fließt fast lautlos an uns vorüber. Zumindest bis uns ein kleiner Ausflugsdampfer begegnet. Wir fahren zur Seite, und ich genieße die kleinen Wellen, die das Kajak ein bisschen in Bewegung bringen.
Müll sammelt sich meist am Ufer
Da sich Müll meistens am Ufer sammelt, bleiben wir am Rand. Wir wechseln ab und zu die Seite, schauen zwischen Ästen hindurch und fahren fast in Büsche hinein. Müll finden wir so gut wie keinen. Hier und da finden wir Flaschen, die allein recht kläglich in der großen, grünen Tonne an Bord aussehen. „Bin ich jetzt wirklich enttäuscht, weil ich in der Natur keinen Müll liegen sehe?“ Der Gedanke ist absurd. Es ist einfach gut, wie viel schon gesammelt wurde.

Druck, in den zwei Stunden Müll finden zu müssen, machen weder GreenKayak, LPA noch EBL. „Wenn ihr keinen Müll findet, ist das nicht schlimm. Haltet einfach die Augen offen“, haben uns Jana Sperlich und Finn Witt vorher erklärt. Dann ist das halt ein schöner Ausflug – mit Sinn.
Trotz Cap und Creme bin ich bald von der Sonne verbrannt, außerdem durch einen nicht gut eingesetzten Stöpsel pitschnass. Nahe der Altstadt wollen wir umkehren. Aber dann ist er da, unser großer Fund: Direkt am Ufer schimmert ein E-Roller auf dem Grund der Trave. Mit vereinten Kräften aus dem Kajak und von Land ziehen wir mit Finn Witt und Jana Sperlich den Roller aus dem Wasser und kontaktieren den zuständigen Anbieter.
An Land wird der Bord-Mülleimer geleert
Zufrieden machen wir uns auf den Rückweg. Es fühlt sich an wie eine erfolgreiche Schatzsuche – und jetzt bringen wir unsere restliche Beute nach Hause – drei Glas- und Plastikflaschen. Wir entleeren den Bord-Mülleimer in einen großen Sammelbehälter an Land, machen die Kajaks sauber und geben Schwimmwesten, Paddel und Kescher ab. Zurück bleiben ein echter Ausflugstipp und die Trave, die jetzt ein bisschen sauberer ist.
Im Norden gibt es GreenKayak bereits in Flensburg, Lübeck und Hamburg. Außerdem kann in Berlin mit den grünen Booten Müll gesammelt werden.
