Frank Winkels steht nicht gern in der Öffentlichkeit. Zumindest nicht als Frank Winkels. „Wenn ich auf der Bühne in eine Rolle schlüpfe, dann macht mir das Spaß“, sagt der Schauspieler. „Das ist etwas ganz anderes.“ Bei einem Auftritt auf der Bühne kennt er kaum Lampenfieber. Auch nicht, wenn 16 000 Menschen im Publikum sitzen – wie etwa beim Luther-Oratorium, wo er die Hauptrolle spielt: Martin Luther. Das Werk für Profi-Sänger und einen großen Chor (1500 bis 3000 Sängerinnen und Sänger) wurde initiiert von der Creativen Kirche in Witten für das Reformationsjubiläum. Das Stück haben Michael Kunze (Text) und Dieter Falk (Musik) geschrieben.
Noch nie zuvor vor so großem Publikum
„Das war eine großartige Erfahrung“, sagt der 41-Jährige. Im vergangenen Herbst wurde das Pop-Oratorium in Dortmund uraufgeführt. Noch nie zuvor hat Winkels vor einem so großen Publikum gespielt. „Und dann dieser riesige Chor – 3000 Menschen. Ich habe mich von dieser Massenenergie regelrecht getragen gefühlt“, kommt Frank Winkels ins Schwärmen.
Im Garten eines kleinen Hambuerger Cafés rührt er in seinem Soja-Latte Macchiato und bestellt ein vegetarisches Mittagessen. Mit der Schauspielerei hat er seinen Traumjob gefunden, sagt er. Dabei war das für den gelernten Banker nicht unbedingt abzusehen. Denn geplant war, dass er die Geschäfte des väterlichen Betriebs in der Nähe von Kleve führt. „Ich bin kein Handwerker, aber das Kaufmännische lag mir schon“, meint er. Doch der Vater musste aus gesundheitlichen Gründen den Handwerksbetrieb verpachten bevor Frank Winkels mit seiner Ausbildung fertig war. „Das war für mich der Startschuss in ein anderes Leben.“
Das hieß für ihn: weg aus dem Heimatdorf Niedermörmter und seiner Neigung zum Schauspiel nachgehen. „Ich habe schon immer gern gesungen, Dialekte nachgeahmt und Theater gespielt.“ Bereits in der Schule war er für seine Fähigkeiten bekannt. Seine Familie, besonders seine drei älteren Schwestern haben ihn ermutigt, diese Richtung auch beruflich zu verfolgen.
Er bewarb sich auf der Schauspielschule in Hamburg. „Als ich das erste Mal nach Hamburg fuhr, habe ich mich hier sofort wohl gefühlt“, sagt er. Seitdem ist für ihn Hamburg „seine“ Stadt. Auch wenn er nach dem Studium erst mal einige Jahre in verschiedenen Städten aus dem Koffer lebte – je nachdem, wo er Auftritte bekam. Seit fast acht Jahren ist er nun wieder in Hamburg. „Ich genieße es, so nah am Wasser zu leben.“
Außerdem hat der diplomierte Bühnenschauspieler hier eine feste Anstellung in einem Theater: Im „Schmidts Tivoli“ gehört er zum Ensemble. „Aber es ist mir wichtig, auch noch andere Projekte zu haben.“ An die kommt er über eine Internetplattform oder aber über seine Agentin. Im Herbst wird er in einer Folge der Serie „Morden im Norden“ im Fernsehen zu sehen sein. Doch sein Herz schlägt für die Bühne. Für Schauspiel und Gesang. „Ich möchte auf keines von beiden verzichten.“ Demnächst tritt er in der Schweiz auf, er spielt Peppone im Stück „Don Camillo und Peppone“.
In der Schweiz zur Luther-Rolle gekommen
In der Schweiz, genauer in St. Gallen, war er bereits im Musical „Moses – Die 10 Gebote“ als Aaron zu sehen. „So kam ich übrigens zu der Rolle als Luther“, erzählt er. Das Stück in St. Gallen war das modifizierte Pop-Oratorium „Die 10 Gebote“ von Dieter Falk und Michael Kunze. „Da habe ich Dieter Falk kennengelernt.“ Als die Darsteller für das aktuelle Pop-Oratorium „Luther“ gesucht wurden, erinnerte sich Dieter Falk an Frank Winkels und lud ihn zum Vorsingen ein.
„In der Regel muss man lange warten bis man Bescheid bekommt, ob es klappt. Aber nicht bei Dieter. Der rief mich zwei Tage später an und sagte, dass ich die Rolle habe.“ Den Luther zu spielen, ist für Frank Winkels etwas Besonderes. Und das nicht nur wegen der Rolle. Sondern weil die Atmosphäre bei den Proben, den Auftritten und dazwischen „einfach toll“ ist. „Die Leute bei der Creativen Kirche sind nett, unaufgeregt und herzlich“, sagt er. Die Premiere im vergangenen Herbst hat er in guter Erinnerung. „Es war ein tolles Miteinander. So familiär.“
Frank Winkels war Messdiener, Obermessdiener und Lektor. „Aber das war mir irgendwann alles zu steif und altbacken.“ Mit Anfang zwanzig trat er aus der katholischen Kirche aus, bezeichnet sich aber durchaus als gläubig: „Ich glaube an einen Lebenssinn, an einen göttlichen Plan und an ein liebe- und respektvolles Miteinander.“ Er nippt an seinem bereits zweiten Soja-Latte Macchiato. „Genau das habe ich bei der Creativen Kirche erlebt. Das fasziniert mich.“
Winkels sieht sich als Freidenker. Genau das gefällt ihm an Martin Luther. Zur Vorbereitung auf die Rolle hat er Bücher gelesen, sich im Internet informiert und „mich auch mit der kritischen Seite dieses Mannes auseinander gesetzt“. Das schwierigste findet der Schauspieler, sich in die damalige Zeit hineinzuversetzen. Umso besser, dass das Stück nicht Zeitgeschichte transportieren will, sondern Emotionen. Das liegt ihm. „Ich schätze mal, Luther war ein sehr emotionaler Mensch. Das bin ich auch“, sagt er. Es geht ihm nicht darum, Luther als tollen Typ darzustellen. „Margot Käßmann sagt immer wieder, bei dem Reformationsjubiläum werde nicht Luther als Mensch gefeiert, sondern das, was er bewirkt hat. Das finde ich wichtig.“
Tolle Gemeinschaft und gute Atmosphäre erlebt
Bis zu den nächsten Auftritten als Luther ist es noch eine Weile hin. Im Januar 2017 geht es weiter. Elf Termine in ganz Deutschland hat Winkels bislang fest in seinem Kalender notiert. Derzeit werden für die einzelnen Orte noch Sängerinnen und Sänger für den großen Chor gesucht. Diese Mischung aus Laien und Profis gefällt Frank Winkels. „Es ist unglaublich, welche Energie da rüberkommt“, schwärmt er. Er freut sich auf die Auftritte, auf die Zusammenarbeit mit der Creativen Kirche – auch wenn das mit viel unterwegssein verbunden ist. „Dafür packe ich gerne meinen Koffer“, sagt er und leert seinen dritten Kaffee.