Nach der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch durch den Verfassungsschutz gibt es geteilte Meinungen zu einem möglichen AfD-Verbot. Stimmen aus der Union sprechen sich eher für Zurückhaltung aus, während der Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour (Grüne) und Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) ein Verbot befürworten. Etwa die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger ist laut einer Umfrage der „Bild am Sonntag“ für ein Verbot der Partei.
Der Justiziar der Unionsfraktion, Ansgar Heveling (CDU), mahnte zur Zurückhaltung. Heveling sagte der „Rheinischen Post“ (Montag), die Einstufung der Partei als gesichert rechtsextremistisch durch den Verfassungsschutz sei „zunächst eine Behördeneinschätzung.“ Im Grundgesetz seien Parteiverbote bewusst nicht allein aufgrund von Exekutiventscheidungen zugelassen. Ein Parteiverbotsverfahren kann nur von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung initiiert werden. Die schlussendliche Prüfung, ob eine Partei verfassungswidrig ist, liegt beim Bundesverfassungsgericht.
Auch die Unionsfraktion reagierte zurückhaltend auf Rufe nach der Einleitung eines raschen Verbotsverfahrens gegen die AfD. „Wir müssen angesichts der Einschätzung des Bundesamts für Verfassungsschutz zur Einstufung der AfD nun genau analysieren, welche Konsequenzen das im Umgang mit dieser Partei haben kann“, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Alexander Throm, der „Augsburger Allgemeinen“ (Samstag).
Hingegen befürwortete der Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour (Grüne) ein AfD-Verbotsverfahren. „Die Entscheidung des Verfassungsschutzes ist konsequent und eine gute Grundlage für ein zeitnahes Verbotsverfahren“, sagte er dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND, Samstag).
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) erklärte: „Die Zeit ist reif für ein Verbotsverfahren, denn alle Voraussetzungen sind jetzt gegeben.“ Die AfD sei zu einer massiven Bedrohung der freiheitlich demokratischen Grundordnung geworden, sagte der Politiker der „Süddeutschen Zeitung“ (Sonntag).
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) warnte vor Schnellschüssen. „Erst müssen die Fakten geprüft werden. Dann müssen sie ausreichend sein. Und dann muss die Politik abwägen, ob es klug und vernünftig ist“, sagte Reul am Samstagabend der „Aktuellen Stunde“ im WDR. Ein Verbot sei eine wichtige Methode, aber auch „argumentieren und beweisen, dass Politik auch ohne die AfD klarkommt“ sei wichtig.
Indessen spricht sich etwa die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger für ein Verbot der Partei aus. Laut einer repräsentativen Insa-Umfrage für „Bild am Sonntag“ sind 48 Prozent dafür, dass die AfD jetzt verboten wird. 37 Prozent sprechen sich dagegen aus, 15 Prozent wissen es nicht, wie die Zeitung am Sonntag erklärte. Vom 2. Mai bis zum 3. Mai wurden den Angaben zufolge 1.001 Personen befragt.
Ein zivilgesellschaftliches Bündnis ruft zudem am 11.5. zu einem deutschlandweiten Protesttag für ein AfD-Verbot auf. Zu dem deutschlandweiten Demonstrationsaufruf haben sich unter anderem das bundesweite Netzwerk „Zusammen Gegen Rechts“ sowie die Kampagne „Menschenwürde verteidigen – AfD-Verbot Jetzt!“ zusammengeschlossen. Weitere über 60 zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützen den Aufruf, wie die Veranstalter am Samstagabend in Berlin mitteilten.
Beim evangelischen Kirchentag in Hannover ist eine Resolution für ein AfD-Verbot verabschiedet worden. Die Resolution „AfD-Verbot – Jetzt“ erreichte am Samstag das Quorum von 500 Stimmen. In der Resolution heißt es: „Wir fordern den Bundestag, Bundesrat und die Bundesregierung auf, das Bundesverfassungsgericht mit der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der AfD zu beauftragen.“ Die Kirchenleitungen werden gebeten, diese Forderung „mit all ihren Mitteln zu unterstützen und in eigene Beschlüsse zu überführen.“
Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die AfD seit Freitag als gesichert rechtsextremistische Bestrebung ein. Die AfD-Bundessprecher Alice Weidel und Tino Chrupalla kündigten an, sich juristisch dagegen zur Wehr zu setzen. Der Berliner Juraprofessor Christian Waldhoff betonte, bisher hätten alle Einstufungen, die das Bundesamt und auch die Landesämter gegenüber der AfD vorgenommen haben, vor Gericht Bestand gehabt. „Davon ist auch jetzt auszugehen, die Arbeiten schon sehr sorgfältig“, sagte er am Samstag dem WDR. Eine gerichtliche Überprüfung könne mehrere Jahre dauern.