Wenn es um den eigenen Termin beim Hausarzt oder die OP im Krankenhaus geht, lässt das keinen kalt. Daher ist die Gesundheitspolitik ein hoch emotionales Thema. Und der Minister hatte viel vor. Eine Bilanz.
Karl Lauterbach lebt gesund. Zumindest sagt der SPD-Politiker und amtierende Gesundheitsminister das von sich. Er ernährt sich fleischlos und salzarm, Sport nennt er “eine Wunderpille”.
Kurzum, der Gesundheitsminister will mit gutem Beispiel vorangehen. Und er will, dass möglichst viele Deutsche lange und gesund leben. Denn, das sagt er gebetsmühlenartig: Die Lebenserwartung in Deutschland ist unterdurchschnittlich, die Zahl der Herz-Kreislauf-Erkrankungen hoch und bei der Krebsbehandlung steht die Bundesrepublik im Vergleich mit anderen westlichen Ländern nicht gut da.
Daher ist der Minister, der sich quasi über Jahrzehnte in der Wissenschaft und auf der Oppositionsbank für seinen Job vorbereitet hat, mit sprichwörtlich Dutzenden Gesetzesvorhaben an den Start gegangen – ohne Tabus. Es ging nicht nur um eine umfassende Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft, sondern auch um die ambulante Versorgung, die Digitalisierung, bis hin zur Präventionsarbeit oder Herzgesundheit von Jung bis Alt.
Der Widerstand von unzähligen und sehr lautstarken Akteuren in der Gesundheitspolitik war vielfältig. Zahlreiche Vorhaben wurden durch das Ende der Ampel sowie die vorgezogenen Neuwahlen jäh ausgebremst.
Besonders heftig waren die Sturmwellen bei der . Hier gab es am Ende gar einen Showdown im Bundesrat. Es stand Spitz auf Knopf, dass die Länder, in deren Hoheit die Krankenhausplanung liegt, den Vermittlungsausschuss angerufen und damit das Projekt vor den Neuwahlen auf Eis gelegt hätten. Aber es kam anders. Nun kann ab 2025 die Reform der Krankenhäuser schrittweise umgesetzt werden. Viele Details müssen indes noch durch Rechtsverordnungen umgesetzt werden.
In der Bundesrepublik gibt es mit rund 1.900 sehr viele Kliniken, die viele Behandlungen unterschiedlicher Qualität anbieten und oft leerstehende Betten haben. Grundsätzlich geht es dem Minister um mehr Qualität bei besserer Finanzierung unter anderem durch Vorhaltepauschalen etwa für Ausstattung, Personal und Behandlungsqualität. Vorausgegangen war das . Wobei der eingeführte Klinik-Atlas eher als Rohrkrepierer in die Geschichte eingehen dürfte.
Streit um die Reformen gibt es auch zwischen Bund und Ländern. Letztere sind etwa mit Blick auf die sogenannten Leistungsgruppen gefragt, die den Krankenhäusern künftig zugeordnet werden sollen. Umstritten ist auch die Finanzierung der Reform mit insgesamt 50 Milliarden Euro, die Bund und Länder jeweils zur Hälfte finanzieren sollen. Den Anteil des Bundes sollen die Kassen und damit die Beitragszahler übernehmen – die Kassen haben mit einer Klage gedroht.
Zur Krankenhausreform gehört aus Sicht Vieler die grundlegende . Ebenfalls ein Bereich, in dem die deutsche Qualität aus Expertensicht unterdurchschnittlich ist. Das liegt bei den Rettungsdiensten teils an komplizierten Zuständigkeiten, aber auch daran, dass die Notfallaufnahmen überfüllt sind mit Bagatellfällen, während wirkliche Notfälle warten müssen. Daher geht es in dem Gesetz, das bislang nur die erste Lesung im Bundestag geschafft hat, um bessere Vernetzung und Koordinierung bei den zentralen Notrufnummern sowie eine engere Zusammenarbeit von Stationär und Ambulant in sogenannten integrierten Notfallzentren.
Ein weiteres Großprojekt, das mit dem Ampel-Aus nun vor großen Fragezeichen steht, ist die umfassende . Denn nicht nur Krankenhäuser klagen über fehlende Finanzen, auch die Hausärzte stehen vor wirtschaftlichen Herausforderungen. Lauterbach wollte die Budgetierung der Hausärzte, also die Deckelung ihrer Einnahmen bei bestimmten Leistungen pro Quartal, teilweise aufheben. Ebenfalls sollte es Pauschalen für die Versorgung chronisch Kranker geben. Auch dieser Gesetzentwurf hat es nur bis zur ersten Bundestagslesung geschafft.
Andere Projekte Lauterbachs wie die gegen das bundesweite Apothekensterben, das , bei dem ein neues Bundesinstitut für Prävention angedacht war, oder gar das für mehr frühe Diagnostik und Therapie dürften mit Lauterbachs erwartbarem Abgang 2025 auch erstmal in der Schublade verschwinden.
Einen Bereich, in dem Experten dem Minister gar Untätigkeit vorwerfen, ist die Pflege. Dabei ist hier die Lage besonders dramatisch. Nicht nur, dass die Pflegeversicherung riesige Defizite aufweist. Es fehlt allerorts an Pflegekräften, während die Zahl der Pflegebedürftigen stetig stark steigt. Bei der Versicherung hat Lauterbach wenigstens für das kommende Jahr den Finanzkollaps durch eine Beitragserhöhung abwenden können. Eine grundlegende steht aus. Auch das sowie das sollten die Attraktivität des Berufs deutlich steigern. Aber auch hier ist fraglich, was in dieser Legislatur überhaupt noch zu Ende gebracht wird. Vermutlich wenig.