Predigttext
9 Denn wenn du mit deinem Munde bekennst, dass Jesus der Herr ist, und in deinem Herzen glaubst, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet. 10 Denn wenn man von Herzen glaubt, so wird man gerecht; und wenn man mit dem Munde bekennt, so wird man gerettet. (…) 12 Es ist hier kein Unterschied zwischen Juden und Griechen; es ist über alle derselbe Herr, reich für alle, die ihn anrufen. (…) 14 Wie sollen sie aber den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger? 15 Wie sollen sie aber predigen, wenn sie nicht gesandt werden? (…) 17 So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi.
Revidierter Luther-Text
Was ist Glauben? Das Für-wahr-Halten bestimmter Glaubenssätze? Das Befolgen von Geboten und Ritualen? Das Vertrauen darauf, dass es einen Gott gibt, der die Welt in der Hand hält und dem Leben Gutes will? Oder vielleicht alles zusammen?
Was ist Glauben? Über diese Frage hat der Apostel Paulus einen ganzen Brief geschrieben: den Brief an die Christinnen und Christen in Rom. Den Glaubensgeschwistern in der Ferne möchte er erklären, was er selbst erlebt hat mit Gott und was die Ergebnisse seines Nachdenkens über Gott auf der Grundlage der jüdischen Bibel, unseres Alten Testaments, sind.
Was zählt, ist allein das Vertrauen
Der wichtigste Punkt für Paulus ist: Es geht auf keinen Fall darum, etwas zu leisten. Weder gute Taten noch die Befolgung religiöser Vorschriften machen uns in Gottes Augen zu wertvollen Menschen. Es gibt überhaupt nichts, was wir selbst vorzuweisen hätten, um vor ihm gut darzustehen oder uns seine Liebe zu verdienen. Was zählt, ist ganz allein der Glaube – das Vertrauen darauf, dass Gott sich uns in Jesus zugewandt und offenbart hat und dass alles, was uns von Gott trennt, von Gott selbst überwunden ist. Das nennt Paulus „gerecht werden“. Im Predigttext bringt er es auf die einfache Formel: Mit dem Mund bekennen und mit dem Herzen glauben.
Aber wie kann dieses Vertrauen entstehen? Der Predigttext steht in einem Abschnitt des Römerbriefes, der sich mit der Frage beschäftigt, was die Botschaft von Jesus, dem Gottessohn und Erlöser, für das Judentum bedeutet. Eine Frage, die Paulus, den Juden, umtreibt. Er sieht um sich herum viele Menschen, die sich begeistert diesem Glauben zuwenden – aber er sieht auch ganz viele seines eigenen Volkes, die diese Botschaft ablehnen. Wie können sie überzeugt werden?
Die Frage ist bis heute gleich geblieben, auch wenn wir als Christen jetzt in einem ganz anderen Umfeld leben: Wie können die vielen Menschen um uns herum, für die Religion häufig völlig aus dem Gesichtsfeld verschwunden ist, auf die christliche Botschaft aufmerksam gemacht werden? Die Gute Nachricht, dass der Glaube an Jesus Christus Freiheit und Erlösung bringt – vom Leistungsdruck, vom Zwang, etwas aus sich zu machen, sogar von dem unerbittlichen Diktat der Endlichkeit und des Todes – wie kann man sie überzeugend weitersagen?
Paulus kommt zu der Antwort: Glauben kann man nur wecken, indem die, die glauben, sich als Gottes Zeugen verstehen und davon erzählen und es vorleben. Sie sollen Predigerinnen und Prediger werden – nicht auf einer Kanzel, sondern jede und jeder an der Stelle im Leben, auf der sie oder er gerade steht.
Ein hoher Anspruch. Kann man da nicht jede Menge falsch machen? Nicht umsonst schickt man doch die Pfarrerinnen und Pfarrer zunächst mal in ein langes Studium, bevor man sie auf die Kanzel lässt. Was, wenn jemand Bibelworte durcheinanderwirft, die Dreifaltigkeit nicht richtig erklären kann oder gar sagen muss: Darauf habe ich selbst keine Antwort?
Es braucht kein Studium, um zu predigen
Aber Paulus hat eine andere Definition für die Eignung zum Predigen als das theoretische Wissen: Aus dem Wort Christi kommt sie. Also dürfen und sollen wir alle, die wir dieses Wort gehört haben und danach leben, auch davon weitererzählen – und damit verkündigen, ja, predigen. Indem wir uns für andere einsetzen. Indem wir trösten und helfen, wo es nötig ist. Indem wir versuchen zu mäßigen, wenn andere aggressiv werden.Indem wir einladen in unsere Gemeinden, dorthin, wo von Gott erzählt und gesungen wird.
Daher kommt der Glaube: aus der Predigt – aus der erzählten und gelebten.