„Faith on the Fast Track“ (Glaube auf der Überholspur) lautete der Titel des interreligiösen Vortreffens zur Welt-Aids-Konferenz in Durban 2016 an der südafrikanischen Ostküste. Kirchen und Religionsgemeinschaften engagieren sich im Kampf gegen HIV und Aids insbesondere im Bereich der Pflege und Unterstützung von Menschen, die mit HIV leben. Darüber hinaus unterstützen sie Aids-Waisen und die sie betreuenden Menschen.
Mehr als 50 Prozent der Nicht-Regierungsorganisationen (NROs) in der HIV- und Aids-Arbeit kommen aus dem Bereich der Kirchen und Religionsgemeinschaften. International werden sie „Faith Based Organisations“ (FBOs) genannt. Dieses diakonische Engagement der Religionsgemeinschaften genießt hohe Anerkennung.
César Antonio Núñex, UNAIDS Direktor für Lateinamerika von UNAIDS, dem Gemeinsames Programm der Vereinten Nationen zu HIV/Aids, problematisiert allerdings auch den „klebrigen oder schlüpfrigen Boden“ in einigen kirchlichen Organisationen. Damit meint er das Festhalten an ethisch konservativen und teils zweifelhaften Werten, mit denen sie sich gegen Regierungs- oder UNAIDS Programme stellen. Viele Faith Based Organisations fordern sexuelle Abstinenz und Treue, wenden sich gegen eine Gleichberechtigung der Geschlechter, verurteilen den Gebrauch von Kondomen oder sprechen sich deutlich gegen lesbische und schwule Lebenskonzepte aus.
„Nicht das Virus, sondern das Stigma tötet uns.“ Das sagt Faghmeda Miller. Sie ist die erste muslimische Frau, die in Südafrika offen sagte, dass sie mit HIV lebt. „Kirche ist zu einem Museum der Heiligen“ geworden, so der lutherische Pfarrer Amin Andrew Sandewa aus Tansania.
Dagegen wurde an vielen Stellen auf der Konferenz gefordert, dass die Religionsgemeinschaften diese Kritik ernst nehmen mögen und sich für ein Ende der Stigmatisierung und die volle Anerkennung der menschlichen Würde einsetzen – egal welche sexuelle Orientierung jemand hat.
Das erfordert aber auch die Bereitstellung von Aids-Medikamenten für alle Betroffenen und auch die Bereitstellung entsprechend dosierter Medikamente für Kinder und Jugendliche, die mit HIV leben. Dies fordert Pfarrerin Phumzile Mabizela, die Geschäftsführerin eines Netzwerks von religiösen Führerinnen und Führern, die mit HIV leben oder direkt davon betroffen sind: „Um Aids bis 2030 zu besiegen, müssen wir alle auf der Überholspur sein, auch Kirchen und Religionsgemeinschaften. Und auf Überholspuren dürfen wir nicht einfach bremsen und zurückfallen – das schafft nur Chaos und wir erreichen das Ziel nicht.“
Die Autorin, Ute Hedrich, arbeitet als Pfarrerin im Amt für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung (MÖWe) in der Fachstelle Ökumenische Frauenarbeit und Spiritualität in Dortmund.
Weitere Informationen zu Thema und Konferenz im Internet:
– http://inerela.org/ (The International Network of Religious Leaders Living with or Personally Affected by HIV and Aids);
– http://www.iacfaith.org/faith-at-aids-2016 (Berichte zur Welt-Aids-Konferenz aus Perspektive der Kirchen – dazu auch das Video: https://www.youtube.com/watch?v=AuvsUdC0-Mo&list=PLI22eVXX9FYm9KQGRiw5o8WrIlU94jyL5);
– http://www.iasociety.org/ (Webseite der Internationalen Aids Society);
– www.chabahiva.org (englische Webseite des gemeinsamen Programms „Kirche und Wirtschaft gegen HIV und Aids“);
– http://www.netzwerk-kirchliche-aidsseelsorge.de/ (Adresse des Netzwerks Kirchliche Aids-Seelsorge).