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Früherer israelischer Botschafter Primor warnt vor Bodenoffensive

Der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, warnt vor einer Bodenoffensive im Gaza-Streifen. „Ich hoffe sehr, dass wir nicht Bodentruppen dahin schicken“, sagte Primor in einem am Freitag veröffentlichten Interview der „Deutschen Initiative für den Nahen Osten“ (Dino) in Münster. „Wenn wir Bodentruppen dahin schicken, wird das für die Zivilbevölkerung eine Katastrophe sein wie auch für unsere Soldaten“, warnte der 88-jährige Ex-Diplomat, der auch Kuratoriumsmitglied der Münsteraner Nahost-Initiative ist.

Die Luftangriffe der israelischen Armee hätten der radikal-islamischen Hamas bereits so viel Schaden zugefügt, dass sie eine lange Zeit für einen Wiederaufbau ihrer Strukturen brauchen würde, sagte Primor. Er räumte ein, dass bei der Bekämpfung der Hamas in Gaza immer auch Zivilisten getroffen werden. „Ich glaube nicht, dass wir ein Interesse daran haben, Zivilisten zu treffen.“ Israel gehe jedoch auf diese Weise militärisch vor, weil sich die Terroristen der Hamas zwischen der Bevölkerung im Gaza-Streifen versteckten.

Langfristig ist nach Ansicht des früheren Diplomaten eine umfassende Lösung nötig, bei der auch die Lebensverhältnisse der im Gaza-Streifen lebenden Palästinenser in den Blick genommen werden müsse. „Dazu sind wir selber nicht bereit“, kritisierte Primor. Nur wenn man den Bewohnern des Gaza-Streifens ein normales Leben ermögliche, gebe es die Hoffnung, „dass sich die Lage zwischen uns und dem Gaza-Streifen irgendwann ändert“.

Die Menschen im Gaza-Streifen führten kein normales Leben, sagte Primor. Sie stünden von der israelischen wie auch von der ägyptischen Seite unter Druck. Die rund 20.000 Menschen aus Gaza, die normalerweise täglich nach Israel zum Arbeiten kämen, erhielten das niedrigste Gehalt, das in Israel legal möglich sei. Das sei aber immer noch ein Mehrfaches von dem, was die Menschen im Gaza-Streifen selbst verdienen könnten, wenn sie dort überhaupt Arbeit fänden. „So eine Situation treibt viele Leute in eine Richtung, die wir nicht haben wollen“, warnte Primor.

Der Ex-Botschafter begrüßte Besuche ranghoher Regierungsvertreter wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Nahen Osten: „Wir sehen, dass die Europäer hinter uns stehen.“ Das sei nicht nur symbolisch. Viele Führer der arabischen Staaten wollten den Krieg nicht, fürchteten aber die öffentliche Meinung in ihrem eigenen Land. „In diesem Fall ist eine europäische Unterstützung sehr wichtig.“ Das zeige auch den Machthabern in den arabischen Staaten, dass sie nicht allein gegen die eigene Bevölkerung stünden.