Predigttext
21 Denn dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußtapfen; 22 er, der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand; 23 der nicht widerschmähte, als er geschmäht wurde, nicht drohte, als er litt, er stellte es aber dem anheim, der gerecht richtet; 24 der unsre Sünde selbst hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz, damit wir, der Sünde abgestorben, der Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr heil geworden. 25 Denn ihr wart [a]wie die irrenden Schafe; aber ihr seid nun bekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen.
Im Oktober 2015 haben wir unsere Schwelmer UCC-Partnergemeinde in den USA besucht. An einem Abend lud uns der Men’s Club ein und wollte viel von den „Germans“, den Deutschen, hören: über Volkswagen, die Flüchtlinge, Angela Merkel: Was motiviert ihr Handeln? Steckt dahinter nicht das schlichte Kalkül der Wirtschaft, dass Deutschland junge Menschen als Arbeitskräfte braucht, um die Zukunft zu bewältigen?
Wir erzählten, dass sie in einem evangelischen Pfarrhaus aufgewachsen ist – vielleicht ein Baustein, der ihr politisches Handeln begründet. Für den Men’s Club in Ohio war das ein sehr schlüssiges Argument. Ihr Respekt vor der Kanzlerin wurde noch größer, als er schon war.
Haltungen und Werte tragen durch das Leben
Haltungen und Werte wurzeln tief. Sie stützen und steuern unser Handeln. Sie lassen uns nicht tatenlos zusehen. Sie tragen durch schwierige Lebenslagen.
Christus als Vorbild, wie es unser Text empfiehlt, das ist schon harter Tobak. Aber Vorbilder brauchen wir von Kindesbeinen an: Menschen, die uns den Rücken stärken, aber auch Grenzen ziehen. Und trotzdem gut zu uns sind. Wer zuhause immer der Prinz oder die Prinzessin war, hat es später schwer. Das hängt das Wohlfühl-Barometer für Zuwendung, Bedeutung und Aufmerksamkeit hoch und programmiert Enttäuschung. Als Mutter oder Vater muss ich „Nein“ sagen. Auch, wenn es dann ziemlich laut werden kann: Mein Kind wird lernen, dass es nicht immer sofort dran ist, aber trotzdem geliebt wird. Es wird später in Gruppen besser zurechtkommen. Es wird selber eher „Nein“ sagen können. Es wird gütig sein können, wenn es Güte erlebt hat.
Die frühen Christen in Kleinasien, an die sich unser Textabschnitt wendet, führen kein freies Leben. Sie sind Sklaven. Aber das spielt an sich keine Rolle: Sie werden nicht bedauert oder entschuldigt. Der Briefschreiber traut ihnen vielmehr zu, dem Beispiel Christi zu folgen. Sie sollen eine Haltung zeigen, die auf Böses nicht reagiert und ihm keine Beachtung schenkt. Sie sollen dem Beispiel Jesu folgen, ihrem Hirten und Beschützer.
Christus beschützt wie ein guter Hirte, er ist das Vorbild fürs Leben. Beschützt und erlöst sind wir von den Folgen der Sünde, unseres Handelns; auch wenn es uns nicht immer gelingt, „sauber“ zu bleiben, gerecht und fair zu sein. Wir brauchen nicht zu verzweifeln. Wir können leben und handeln, ohne Angst zu versagen. Wir können „fehlerfreundlich“ sein! Oder: einfach freundlich sein! Das entlastet. Es macht frei.
Und wenn ich den Spuren Christi ernsthaft folgen will? Dann lese ich sehr direkt „Das macht man nicht!“: etwa Übles tun, jemand reinlegen, beschimpfen oder verleumden oder bedrohen. Das Recht Gott überlassen – es ist die Haltung und das Verhalten des irdischen Jesus.
Ich muss an den Propheten Micha denken: „Es ist dir gesagt Mensch, was gut ist …“ Gegen den aufkeimenden Hass in diesen schwierigen Zeiten höre ich den Rat, Konflikte nicht zu schüren, Liebe und Demut zu üben.
Fröhlichkeit ist eine zutiefst geistliche Haltung
„Ich bin vergnügt, erlöst, befreit. Gott nahm in seine Hände meine Zeit, mein Fühlen, Denken, Hören, Sagen, mein Triumphieren und Verzagen, das Elend und die Zärtlichkeit.“
So dichtete Hanns Dieter Hüsch. Fröhlichkeit ist eine zutiefst geistliche Haltung. Sie kommt aus dem Glauben. Gut gegen die Angst, gut gegen den Hass setzt sie das Vertrauen auf Gott und lässt uns gewiss nach vorne sehen. Ob es uns gelingt, in diesen Tagen so fröhlich zu sein und zu bleiben?
Ich wünsche es Ihnen und mir.