Der Publizist Michel Friedman sieht angesichts des Erstarkens der AfD und antisemitischer Tendenzen in der Gesellschaft ein Gründungsversprechen der Bundesrepublik Deutschland erschüttert. „Die Bundesrepublik hat der jüdischen Gemeinschaft versprochen: Nie wieder! Versprochen, gebrochen. Sie hat gesagt: Wehret den Anfängen! Wir sind aber mittendrin“, sagte Friedman der Augsburger Allgemeinen. Insbesondere im jüdischen Teil der Bevölkerung gebe es darüber bittere Enttäuschung.
„Wir sind sogar nicht nur mittendrin, sondern weit darüber hinaus“, fügte Friedman hinzu. „Wir leben in einer Situation, in der die Partei des Hasses, des Antidemokratischen, des Antisemitischen und des Rassismus in alle Parlamente der Bundesrepublik gewählt und teilweise wiedergewählt wurde“, kritisierte Friedman. Die AfD sei keine Eintagsfliege, sondern ein systemisches Thema und liege in den Umfragen für die Landtagswahlen weiter bei über 30 Prozent, sagte der Publizist.
„Aus der Geschichte lernen, die Demokratie stärken!“
Unterdessen riefen Nachkommen der deutschen Widerstandskämpfer in der NS-Zeit zum Schutz der Demokratie gegen den Rechtsextremismus auf. „Wir sollten uns alle dafür verantwortlich fühlen, die liberale und rechtsstaatliche Demokratie zu bewahren und sie zu verteidigen“, heißt es in einem Appell unter der Überschrift „Aus der Geschichte lernen, die Demokratie stärken!“, wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe berichteten.
In dem Appell heißt es dem Bericht zufolge: „Wir haben in Deutschland schon einmal erlebt, wohin das führen kann. Es waren unsere Eltern, Großeltern und Urgroßeltern, die sich dem NS-Unrecht damals als Widerstandskämpfer entgegengestellt haben. Deshalb melden wir uns als Angehörige und Nachkommen heute zu Wort und fordern alle Mitbürger dazu auf, der Neuen Rechten in unserem Land und europaweit die Stirn zu bieten.“
Zu den mehr als 280 Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern des Appells, der der Funke Mediengruppe vorliegt, gehören unter anderem die Nachfahren von Dietrich Bonhoeffer, Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Carl Friedrich Goerdeler sowie von Freya und Helmuth James von Moltke.
Rechten Parteien eine Absage erklären
Konkret fordern die Unterzeichner die Wählerinnen und Wähler auf, mit dem Stimmzettel dafür zu sorgen, dass bei den Europawahlen am 9. Juni nicht rechte Parteien „zu den Gewinnern in Europa“ zählen und dass auch die Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen „nicht zugunsten der AfD ausgehen“.