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Freudig und befreit – Zurückgetretener Bischof von Eichstätt sagt Ade

Glücklich und gelöst wirkt er, immer wieder fallen ihm Leute um den Hals: Der Abschied des emeritierten Eichstätter Bischofs Gregor Maria Hanke gerät zu einem Fest der Frohmut. Wie geht’s mit ihm und dem Bistum weiter?

So was sieht man selten: Nach der Messe schafft der Bischof den Auszug aus dem Dom sozusagen erst im zweiten Anlauf. Er wird nämlich nach wenigen Metern aufgehalten: entdeckt im Vorbeigehen jemanden, stoppt, umarmt ihn und strahlt übers ganze Gesicht. Es wird geherzt und gescherzt. Und dann muss sich der Bischof sputen, um die anderen geistlichen Herren auf dem Weg nach draußen wieder einzuholen.

Der Weg nach draußen, er führt Gregor Maria Hanke diesmal nicht nur aus dem Dom hinaus, sondern absehbar auch aus dem Bistum. Hanke hat sich am Sonntag offiziell als Eichstätter Bischof verabschiedet, im Rahmen eines Festgottesdienstes zur Willibaldswoche zu Ehren des Eichstätter Bistumspatrons. Ab Herbst will Hanke im Allgäu im Bistum Augsburg als einfacher Seelsorger wirken.

Der gerade 71 Jahre alt gewordene Benediktiner und ehemalige Abt des Klosters Plankstetten in der Oberpfalz hatte das im Herzen Bayerns gelegene Bistum Eichstätt seit Dezember 2006 geleitet. Zum 8. Juni ließ er sich auf eigenen Wunsch vom Bischofsamt entbinden. Er war der dienstälteste Ortsbischof in Bayern. In der Regel bieten Bischöfe ihren Rücktritt dem Papst erst mit ihrem 75. Geburtstag an. Als Grund nannte Hanke unter anderem eine “innere Ermüdung”. Kurz vor Weihnachten hatte es bei ihm nach einer Routineoperation “ernste Komplikationen” gegeben. Rund sechs Wochen Auszeit waren die Folge.

Der emeritierte Bischof hatte im Vorfeld explizit keine große Zeremonie gewünscht. “Angesichts der gegenwärtigen Lage der Kirche erachte ich einen schlichten Abschied als angemessene Form”, so Hanke in einem Brief an die Mitarbeitenden der Diözese.

Schlicht heißt in diesem Fall nicht etwa einsam: Im Dom drängen sich um die 500 Menschen, das Gotteshaus ist voll besetzt. Neben all den Gläubigen, von denen einige Fotos und Videos mit dem Handy machen, wenn der Bischof spricht oder an ihnen vorbeigeht, sind auch weitere Bischöfe zugegen: Hankes Vorgänger Walter Mixa, Stanislav Pribyl, Bischof des Eichstätter Partnerbistums Leitmeritz in Tschechien, sowie der aus dem Bistum Eichstätt stammende Weihbischof von Sucre in Bolivien, Adolfo Bittschi.

Sie alle mahnt Hanke in seiner Predigt, offen zu sein “für die Klopfzeichen Gottes im Leben”. Die Kraft der Liebe zu Gott “erkennt im Mitmenschen, im Fremden die Gegenwart Christi. Besonders in den Notleidenden und Kranken begegnet man dem Herrn.” Hanke spricht kraftvoll, unterstreicht seine Worte mit energischen Gesten und strahlt dabei fast unterbrochen – strahlt Freude und Gelöstheit aus.

Dass ein Bischofsamt eine Bürde sein kann, spricht der aktuelle Übergangsleiter des Bistums Eichstätt an. Alfred Rottler würdigt Hanke mit den Worten, er habe mit seiner weiten und tiefen Spiritualität viele Menschen bereichert. Auch habe Hanke sich als “Brückenbauer zwischen Kirche und Gesellschaft” verdient gemacht, indem er immer wieder einen christlichen Wertekompass angemahnt habe, etwa in Bezug auf den Schutz des ungeborenen Lebens. Es gab im Bistum aber auch einen Finanzskandal und Missbrauchsfälle, wie Rottler erinnert; damit umzugehen, habe den Bischof Kraft gekostet.

Die Bischofszeit habe ihn “in vielem nüchterner gemacht”, so Hanke kürzlich im Gespräch mit “kreuzplus”, dem bistumseigenen Fernsehmagazin (externen Medien mochte er keine Abschiedsinterviews geben). Weiter sagte Hanke, sein Rücktritt bringe ihm neue Freiheiten: etwa für das Klettern. Auch mit dem Motorrad ist er dem Vernehmen nach wieder unterwegs.

Bahn frei also für das Leben nach dem Bischofsamt? Nicht so schnell, nun nach dem Gottesdienst steht Hanke quasi erst mal im Stau. Draußen vorm Dom wollen sich nun Dutzende Gläubige persönlich von ihrem alten Bischof verabschieden. Wollen ihm die Hand schütteln, auf die Schulter klopfen, ihn in den Arm nehmen und Danke und gute Wünsche sagen. In der sengenden Sommersonne ist es eh schon heiß, aber angesichts der großen Zugewandtheit noch mal zusätzlich ganz warm ums Herz.

“Er ist so nahbar, er ist immer bei den Leuten gewesen”, sagt eine Gläubige in der Schlange, die sich vor Hanke gebildet hat. Der neue Bischof solle eigentlich genauso werden wie der alte. “Nur bitte etwas moderner, was die Beteiligung von Frauen und Laien allgemein angeht.”

Wann wird’s ihn denn wohl geben, den neuen Bischof von Eichstätt? Unklar. Im Bistum rechnet man mit mehreren Monaten Wartezeit. Bis es so weit ist, wird Gregor Maria Hanke längst über alle Berge sein. Oder besser gesagt: in den Bergen.