AfD-Erfolg als Versagen anderer Parteien: Die etablierte Politik hat nach Ansicht von Experten der AfD zu wenig entgegenzuhalten. Gerade auf der Internet-Plattform TikTok – mit Folgen bei jungen Wählern.
Das Soziale Netzwerk TikTok hat nach Einschätzung von Experten maßgeblich zum Ergebnis der Europawahl beigetragen. Die Zustimmung junger Wähler zur AfD sei auf deren Präsenz in dem Sozialen Netzwerk zurückzuführen – und auf die dortige Abwesenheit der anderen Parteien, erklärte die Bildungsstätte Anne Frank am Montag in Frankfurt. “Das Ergebnis verwundert nicht, wenn man sich anschaut, wo das Gros der jungen Menschen sich Informationen holt: auf TikTok”, sagte Bildungsstätten-Direktorin Deborah Schnabel.
Die demokratischen Parteien, insbesondere die Grünen, seien auf der Plattform unterrepräsentiert und hätten so das digitale Leitmedium weitgehend der AfD überlassen. Durch die schwache Präsenz auf der Plattform entstehe für junge Menschen der Eindruck, dass sich dort maßgeblich die AfD der Themen annimmt, die für jüngere Menschen wichtig sind.
Schnabel verwies auf den im Juni erschienenen Report “Das TikTok-Universum der (extremen) Rechten”, der den Mitte-Parteien Mängel in der digitalen Kommunikation attestiert. Demokratische Akteure sind daher nach ihrer Ansicht dazu aufgerufen, den digitalen Raum selbst stärker mit Inhalten zu bespielen; speziell TikTok.
“Die Wahl-Ergebnisse zeigen deutlich, dass es nicht reicht, gegen rechts auf ein Wahl- oder Demo-Plakat zu schreiben”, kritisierte Co-Direktor Meron Mendel auch den klassischen Straßen-Wahlkampf. Alle demokratischen Parteien müssten aufzeigen, was sie denn konkret meinen, wenn sie angeben, dass sie die Demokratie und den Zusammenhalt verteidigen wollen.
Nötig ist laut Mendel die Stärkung der Zivilgesellschaft sowie eine Politik, die sich der sozialen Probleme, der Armut und der Abstiegsängste annehme. “Demokratische Werte zu postulieren, verkommt zur hohlen Phrase, wenn sie nicht mit Leben gefüllt werden.”
Sich alleine über den politischen Gegner zu definieren oder dessen Inhalte teils zu übernehmen, stelle kein überzeugendes politisches Angebot dar. Demokratische Parteien haben sich aus Sicht der Frankfurter Demokratie-Experten von der extremen Rechten treiben lassen und Diskurs-Verschiebungen von rechts nachgegeben.