Anfang des Jahres war es noch das große Thema: Schweden und Dänemark schließen ihre Grenzen vor dem Andrang der Flüchtlinge. Inzwischen wird kaum noch von dieser einschneidenden Maßnahme gesprochen, obwohl die Situation unverändert ist.
Kirchliche Stellungnahmen aus den betroffenen Ländern sind bisher bei uns nicht bekannt geworden. Im Gespräch mit UK äußerten sich jetzt die Erzbischöfin der Schwedischen Kirche, Antje Jackelén, (siehe Interview unten) sowie der Bischof des Stiftes Kopenhagen der dänischen lutherischen Volkskirche, Peter Skov-Jakobsen, und deren Flüchtlingsbeauftragter Søren Dalsgaard.
Der Kopenhagener Bischof Peter Skov-Jakobsen macht klar: Die dänische Kirche gibt keine allgemeinen Erklärungen zu politischen Themen ab. Das liegt an der Struktur der dänischen Kirche: Eine gemeinsame Vertretung der selbstständigen dänischen Bistümer, ähnlich der Evangelischen Kirche in Deutschland, gibt es nicht. Aber: „Das bedeutet nicht, dass nicht viele Gemeindeglieder, Pfarrer und Bischöfe zur Flüchtlingsfrage eine eigene Meinung haben und diese auch deutlich aussprechen“, macht Skov-Jakobsen deutlich. Dazu gehört zum Beispiel eine Haltung der Menschlichkeit gegenüber Flüchtlingen und Asylsuchenden. „Aber offensichtlich gibt es verschiedene Meinungen in der Kirche, so dass sich gerade eine Diskussion sowohl unter Theologen als auch unter Laien darüber entwickelt, wen wir als unseren Nächsten anzusehen haben“, so der Kopenhagener Bischof.
Keine kirchliche Stellungnahme heißt auch: keine Kritik an der restriktiven Flüchtlingspolitik der dänischen Regierung. Aber, so betont Skov-Jakobsen: Es gibt sowohl Geistliche als auch Laien, die sich in der Arbeit für Flüchtlinge engagieren.
Davon erzählt auch Søren Dalsgaard, der Koordinator der volkskirchlichen Flüchtlingsarbeit: Kirchengemeinden unterstützen sowohl Flüchtlinge in den Aufnahmezentren als auch anerkannte Asylbewerber. Dabei gehe es in den Aufnahmezentren vor allem darum, die unmittelbaren Bedürfnisse der ankommenden Menschen zu stillen, zum Beispiel mit Kleider- oder Spielzeugsammlungen oder mit sozialen Aktivitäten wie Begegnungs-Cafés.
Dazu kommt die Arbeit mit anerkannten Asylbewerbern: Sie durchlaufen in Dänemark drei Jahre lang ein intensives Integrationsprogramm. „Die Kirche ist oft eine zentrale Vermittlungsstelle der Zivilgesellschaft, wenn es darum geht, die Sprache zu lernen und ein soziales Netzwerk in ihrem neuen Heimatland aufzubauen“, sagt Dalsgaard. „Wir wissen, dass eine persönliche und engagierte Freundschaftsbeziehung zu einem Dänen einer der wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Integration ist.“ Viele kirchliche Organisationen vermitteln daher solche Eins-zu-eins-Freundschaften zwischen Dänen und Flüchtlingen.
Im Moment entsteht in diesem Bereich zwischen den Kirchen in Dänemark ein ökumenisches Netzwerk für kirchliche Flüchtlingsarbeit. Bischof Peter Skov-Jakobsen hofft, dass es Einfluss nehmen kann auf die Aufnahme und den Umgang mit Flüchtlingen in der dänischen Gesellschaft. Søren Dalsgaard sieht auch in den engagierten Kirchengemeinden Veränderungsbedarf: „Wir müssen erkennen, dass Integration auch bedeutet, bestehende Gemeinschaften für Flüchtlinge zu öffnen, statt neue Aktivitäten speziell für Flüchtlinge zu etablieren – also zum Beispiel Übersetzungstätigkeiten anbieten, eine Atmosphäre des Willkommens schaffen, neue Menschen zum Mitwirken einladen. Das geht über die übliche Vorstellung von ehrenamtlicher Hilfe hinaus und legt den Schwerpunkt stattdessen darauf, inklusive interkulturelle Gemeinschaften zu bilden.“
Und wie geht die dänische Kirche mit der Angst vor einer islamischen Überfremdung um, die in Dänemark nach mehreren Terroranschlägen stark ausgeprägt ist? „Leider gibt es eine Tendenz, Terroristen nicht von normalen Moslems zu unterscheiden“, sagt Bischof Peter Skov-Jakobsen. Er hofft auf eine Verbesserung des Klimas durch die gute Zusammenarbeit zwischen christlichen Gruppen und muslimischen Organisationen vor Ort. „Wir arbeiten intensiv daran, über den islamischen Glauben zu informieren und neue Gespräche möglich zu machen“, so der Bischof.
Übrigens: Kirchenasyl spielt in Dänemark bisher kaum eine Rolle. Einige Fälle gab es zwar bereits. „Wir ermutigen aber nicht aktiv dazu“, erklärt Søren Dalsgaard. Gerade hat die dänische Kirche eine Broschüre herausgegeben, die Gemeinden helfen soll, falls sie Flüchtlinge ins Kirchenasyl aufnehmen wollen. Die Erfahrungen stammen von der deutschen Organisation „Asyl in der Kirche“ – angepasst an dänische Verhältnisse.
Artikel teilen:
Flüchtlinge – wie ist das in Dänemark?
Grenzen dicht in Richtung Norden – wie reagieren eigentlich die Kirchen in Dänemark und Schweden auf die Flüchtlinge und die ablehnende Haltung der Politik in ihren Ländern? UK hat nachgefragt

picture alliance / dpa