Mit einem Flashmob vor der Heiliggeist-Kirche setzt die Hochschule für Kirchenmusik in Heidelberg an diesem Sonntag (30.6.) Kirchenmusik öffentlich in Szene. Anlässlich „500 Jahre Evangelisches Gesangbuch“ stimmen Dozenten der Hochschule sechs ein- und mehrstimmige Lieder an. „Singen mit ‘Herz und Mund’ vor der größten Kirche Heidelbergs, das gab‘s noch nie“, sagte Martin Mautner dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Der Rektor der Hochschule der Evangelischen Landeskirche in Baden erinnerte daran, dass es den gemeinsamen Gesang beim Gottesdienst fast 1.000 Jahre lang nicht gegeben habe. „Singen hat man unter Papst Gregor I. (um 540 bis 604) zur Profisache gemacht“, sagte der Theologe.
Er verweist auf das Verdienst der Reformatoren, die Gemeinden aktiv an Gottesdiensten zu beteiligen. Es sei die Idee Martin Luthers (1483-1546) gewesen, den christlichen Glauben zu „Herzen zu singen“ und so auch inhaltlich zu vermitteln, führte Mautner aus. Um die Jahreswende 1523/1524 erschien in Nürnberg der sogenannte „Achtliederdruck“.
Das Heft gilt als das erste gedruckte evangelische Gesangbuch, dessen 500. Jubiläum 2024 die Evangelische Kirche Deutschland (EKD) mit einer Sondermarke feiert. Der „Achtliederdruck“ enthielt vier Lieder Martin Luthers sowie drei Lieder des Liederdichters Paul Speratus (1484-1551). Seither erscheinen regelmäßig aktualisierte Versionen Evangelischer Gesangbücher.
Zurzeit erarbeitet eine deutsch-österreichische Kommission aus Kirchenmusikern und liturgischen Experten ein neues Gesangbuch. Es soll 2028/29 erscheinen. Wichtig bei der Weiterentwicklung des Gesangbuchs sei die Berücksichtigung von zwei Gesichtspunkten, sagte Mautner: die stilistische Vielfalt mit aktuellen Liedern wachhalten und die „lieb gewordenen, tradierten Gesänge“ zu bewahren. „Es kann nicht sein, dass ein Gesangbuch eine Art Museum ist, musikalisch veraltet, niemand versteht es mehr“, betonte er. Dann hätte es das Ziel, Gottesdienste lebendig zu gestalten, verfehlt, so Mautner.
Andererseits seien Lieder wie Paul Gerhardts (1607-1676) „Geh aus mein Herz und suche Freud“ inzwischen zum aktuellen Liederschatz geworden, weiß der Lehrbeauftragte für Hymnologie. Bei dem Flashmob unter dem Motto „Sing‘ mit Herz und Mund!“ dürfen sich alle Mitsingenden auf eine stilistische Vielfalt freuen. Beginn ist um 12.15 Uhr auf der Südseite der Heiliggeist-Kirche. (1432/27.06.2024)