Artikel teilen:

Fastenaktionen der Kirchen eröffnet

Die Fastenzeit als Innehalten und Umkehr: Die evangelische Kirche regt in diesem Jahr zu «Sieben Wochen ohne Lügen» an. Das katholische Hilfswerk Misereor sammelt Spenden, um gegen Armut und Perspektivlosigkeit in El Salvador anzukämpfen.

Oestrich-Winkel/Köln (epd). Zu mehr Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit ruft die evangelische Kirche in der Fastenzeit auf, die Katholiken stellen in diesem Jahr die Zukunft junger Menschen in El Salvador in den Mittelpunkt. Mit Fernsehgottesdiensten haben am Sonntag die beiden großen Kirchen ihre Fastenaktionen gestartet. Das Motto «Mal ehrlich! Sieben Wochen ohne Lügen» soll dabei zum Alltag ohne Falschheit ermutigen, während das katholische Hilfswerk Misereor mit «Mach was draus: Sei Zukunft!» gegen Armut und Perspektivlosigkeit in Mittelamerika ankämpfen will.

Aufrichtig und wahrhaftig zu leben sei heilsam und befreiend, erklärte die evangelische Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler im zentralen Eröffnungsgottesdienst der bundesweiten Aktion «7 Wochen Ohne» im hessischen Oestrich-Winkel. «Wir befinden uns in einer Welt, in der die Lüge pathologisch gelebt wird», sagte sie in dem im ZDF übertragenen Gottesdienst mit besonderem Blick auf das Internet. Es zähle nur noch die «eigene, empfundene Meinung, das eigene Bild von sich und anderen – unabhängig von jeder Realität». Der «ganze Wahnsinn» zeige sich in dem Begriff «Alternative Fakten», sagte die Theologin und Kuratoriumsvorsitzende der Aktion.

Menschen belögen sich selbst auch, weil die Wahrheit manchmal weh tue, führte Breit-Keßler aus. Denn die Unstimmigkeit zwischen den eigenen Wünschen, Sehnsüchten und Hoffnungen und der Realität sei oft groß. Auf Dauer werde aber niemand glücklich, wenn er sich selbst in die Tasche lüge.

Es sei durchaus anstrengend, den Tatsachen ins Auge zu schauen, räumte Breit-Keßler ein. «Gelegentlich braucht es Zeit, sich der Wahrheit zu stellen.» Aber es sei wunderbar, «wenn man aufrecht in den Spiegel schauen kann». Die kommenden sieben Wochen mit der Fastenaktion seien eine gute Gelegenheit dazu. Es gebe nichts, was man sich und Gott verheimlichen müsse.

Bei der Eröffnung der Misereor-Aktion im Kölner Dom berichtete Erzbischof Rainer Maria Woelki von der Not junger Menschen in El Salvador. Seit Jahrzehnten werde El Salvador von politischer und krimineller Gewalt zerrissen, sagte Woelki in seiner Predigt. Arbeitslosigkeit, Armut, und Perspektivlosigkeit prägten den Alltag in dem mittelamerikanischen Land. Die von Misereor geförderten Projekte machten sich deshalb stark «für eine Zukunft jenseits des Teufelskreises aus Gewalt und Gegengewalt, aus Armut und Flucht».

Für viele Jugendlichen bedeuteten die Jugendbanden mit ihrem Drogen- und Waffenhandel die Verlockung des schnellen Geldes, sagte Woelki weiter. Wer in einer Jugendbande mitmache, gehöre zu denen, die Macht und Geld hätten. Durch die Projekte von Misereor lernten junge Menschen hingegen wieder Vertrauen in ihre Stärke und Fähigkeiten und sie gestalteten damit ihr Leben und ihr soziales Umfeld.

In der Fasten- oder Passionszeit erinnern Christen an das Leiden und Sterben Jesu Christi und bereiten sich auf Ostern und die Botschaft von der Auferstehung vor. In den kommenden Wochen sind verschiedene Aktivitäten geplant, um Spenden für Misereor-Projekte zu sammeln. Höhepunkt ist der Misereor-Sonntag am 7. April, an dem bundesweit in allen katholischen Gottesdiensten um Spenden gebeten wird. Seit seiner Gründung im Jahr 1958 hat das Hilfswerk über 108.000 Projekte mit mehr als sieben Milliarden Euro unterstützt.

Das vor mehr als 30 Jahren gegründete «7 Wochen Ohne» ist die bundesweite jährliche Fastenaktion der evangelischen Kirchen zwischen Aschermittwoch und Ostern. Koordiniert wird die Aktion von einem Projektbüro im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) in Frankfurt am Main.