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Expertin warnt: Eizellspenderinnen werden instrumentalisiert

In Deutschland sind bisher Eizellspende und Leihmutterschaft verboten. Aus gutem Grund, sagt eine Expertin. Sie ist Mitglied der Kommission, die die Bedingungen einer Neuregelung für die Bundesregierung ausloten sollte.

Biologin und Sozialethikerin Sigrid Graumann warnt vor einer Instrumentalisierung von Eizellspenderinnen, sollte das bisherige Verbot in Deutschland aufgeweicht werden. “Ich persönlich bin nach wie vor dafür, dass eine Eizellspende in Deutschland nicht erlaubt wird”, sagte sie der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. “Was mir in der Debatte fehlt, ist der Blick auf die Frauen, die diese Dienstleistung erbringen, damit sich unsere wohlhabenden Paare den Kinderwunsch erfüllen können.”

Graumann ist Mitglied der Kommission, die für die Bundesregierung eine mögliche Neuregelung von Eizellspende und Leihmutterschaft ausloten sollte. Das Papier wird am Montag veröffentlicht. Nach einem Vorabbericht des “Spiegel” empfiehlt die Kommission dem Gesetzgeber, die Eizellspende zu erlauben, sofern das Kindeswohl und der notwendige “Schutz der Spenderinnen” gewährleistet sind.

Graumann sieht das anders. Der Gesetzgeber habe auch die Möglichkeit, die Eizellspende weiterhin zu verbieten, was sie selbst befürworte. “Die Fortpflanzungsmedizin ist durchkommerzialisiert. Diese Interessen sind stärker als die Interessen der Spenderinnen und ihr Schutz auf körperliche Integrität”, sagte sie.

Um eine Eizellspende möglich zu machen, sei die Behandlung mit Hormonen zur Stimulation der Eizellen nötig, dann müssten diese unter Vollnarkose entnommen werden. “Dabei handelt es sich immer um einen medizinischen Eingriff, der fremdnützig ist: Er dient nicht der Eizellenspenderin, sondern dem Kinderwunschpaar”, so Graumann.

Es gebe “eine Anspruchshaltung, einen Anspruch auf das eigene Kind zu dem Zeitpunkt, zu dem ich das möchte und zu den Bedingungen, die ich setze”, so die Expertin, die Rektorin der Evangelischen Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe ist. Dieser Anspruch entstehe in Wechselwirkung mit Angeboten auf kommerzialisierter Basis.

Weiter sprach sich Graumann persönlich auch gegen eine Erlaubnis der Leihmutterschaft in Deutschland aus. Nur die Zulassung der uneigennützigen Leihmutterschaft sollte die Kommission prüfen. Bei der uneigennützigen Leihmutterschaft sehen die Experten laut “Spiegel”-Bericht einen Ermessensspielraum zwischen Verbot und Öffnung. Voraussetzung sei, dass Eltern und Leihmutter sich etwa durch ein familiäres Verhältnis kennen oder eine Vereinbarung treffen, dass eine Beziehung zwischen beiden Parteien noch über die Geburt hinaus bestehe.

“Mit einer Regelung der uneigennützigen Leihmutterschaft wird das transnationale Fortpflanzungsgeschäft aber kaum eingeschränkt”, gibt Graumann zu Bedenken. Überwiegend werde Leihmutterschaft in Ländern wie der Ukraine, Russland oder Kalifornien kommerziell angeboten. Die Leihmütter in diesen Ländern seien meist prekär lebende Frauen, wie Studien zeigten.

“Auch wenn man nur die altruistische Leihmutterschaft aus persönlicher Anteilnahme ermöglicht, ist das Risiko zu groß, ein Einfallstor zu eröffnen. Es können versteckte Formen von Ausbeutung entstehen”, warnte Graumann.

Zudem seien wesentliche Dinge bei einer Leihmutterschaft höchst kompliziert. “Die Frau ist über neun Monate körperlich vollständig involviert. Wenn sie ‘aussteigen’ will, muss man das auch regeln. Aber wie regelt man das? Allein solche Gedankenspiele sind für mich ein Grund, Leihmutterschaft zu verbieten.”

Bisher werden die in Deutschland geltenden Verbote in Nachbarländern umgangen. Geschätzt bis zu 3.000 deutsche Frauen erhalten jährlich im Ausland eine Eizellspende. Leihmütter werden über kommerzielle Agenturen aus der Ukraine, Kalifornien oder vom Balkan vermittelt.