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Experten: Ausgestaltung der Suizidprävention zu unklar

Kurz vor den Neuwahlen hat der Bundesgesundheitsminister einen Referentenentwurf für ein Suizidpräventions-Gesetz fertig. Aus Sicht von Experten sind die Details zu undefiniert.

Das geplante Gesetz zur Suizidprävention braucht aus Sicht des Nationalen Suizidpräventionsprogramms für Deutschland klarere Vorgaben. “Eine zentrale Koordinierungsstelle und eine zentrale Notrufnummer sind gute Grundideen, aber die Ausgestaltung ist an vielen Stellen unklar”, sagte der Geschäftsführende Leiter des Programms, Reinhard Lindner, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Grundsätzlich sei es aber gut, dass ein Gesetz kommen solle. “Deutschland ist in dieser Hinsicht bislang ein Stiefkind bei der Suizidprävention.”

Der Gesetzentwurf, der als Referentenentwurf vorliegt und nun zur Stellungnahme bei den Fachverbänden ist, legt den Schwerpunkt auf eine Nationale Koordinierungsstelle zur Suizidprävention. Es soll darüber hinaus eine zentrale Notrufnummer eingeführt werden sowie ein digitales Verzeichnis der Hilfs- und Beratungsangebote bundesweit. Weiter geht es um eine Qualitätssicherung bestehender Suizidprävention und um den Ausbau von Beratung, Schulung und Forschung. Dass der Entwurf in dieser Legislaturperiode noch Gesetz wird, ist sehr unwahrscheinlich.

Für Lindner wären Nachbesserungen sinnvoll. “Insbesondere bleibt offen, wie Betroffenen, aber auch Angehörigen schnellstmöglich und kompetent geholfen werden kann. Suizidale Menschen brauchen beim ersten Anruf einen gut geschulten Ansprechpartner”, so der langjährige Psychiater in einem Therapie-Zentrum für Suizidgefährdete. Vorbild hierfür könne die zentrale Notrufnummer für Gewalt gegen Frauen sein. “Die ist sehr gut ausgestattet und funktioniert hervorragend.”

Eine weitere Unklarheit sieht Lindner im Umgang mit Menschen, die Suizidbeihilfe in Anspruch nehmen wollen. “Für diese oft lange und schwer kranken Menschen ist ein Kriseninterventionsdienst mit Verbindung zur Psychiatrie oft der falsche Ansprechpartner”, betonte Linder. Sie bräuchten vielmehr psycho-soziale Hilfen in dem Kontext, in dem sie sich bereits befänden, etwa in der Palliativmedizin für Sterbenskranke und der Hospizarbeit. Und die Fachleute, die mit ihnen im Gespräch seien, benötigten entsprechende Fort- und Weiterbildungen.