Die Menschen bewerten die Demokratie laut Expertenmeinung nach dem persönlichen Nutzen. Die Zufriedenheit mit der Demokratie werde vor allem an den Fragen gemessen: „Wie geht es mir persönlich? Was habe ich davon?“, sagte der Leiter der „Fachstelle Demokratie und gesellschaftliches Miteinander“ der bayerischen Landeskirche, Martin Becher, dem evangelischen Online-Portal „sonntagsblatt.de“ (Sonntag). Die letzten eineinhalb Jahre hätten aber nicht dazu beigetragen, „die Politik in einem positiven Licht erscheinen zu lassen“, sagte Becher mit Blick auf das Scheitern der Ampel-Regierung.
Man müsse sich nun mit der Herausforderung auseinandersetzen, wie Demokratie bei nachlassendem Wohlstand erhalten werden könne, sagte Becher. „In Regionen wie Bayern und Baden-Württemberg, wo die Automobilindustrie eine zentrale Rolle spielt, werden wir die Auswirkungen dieser Entwicklungen bald spüren.“ In der Nachkriegszeit sei Deutschland von einem wirtschaftlichen Aufschwung, Wohlstand und Perspektiven geprägt gewesen. Diese „Fahrstuhlgesellschaft“ habe viele glauben lassen, dass es immer nur aufwärtsgehen könne. Auch wenn Deutschland insgesamt immer noch ein wohlhabendes Land sei, gehe es vielen Menschen nicht mehr so gut.
Die Demokratie sollte den Anspruch haben, alle Menschen zu erreichen, forderte Becher. Es sei besorgniserregend, wenn immer weniger Menschen wählen oder vermehrt extrem wählen. Die Politik müsse daher darauf achten, ihren Output zu verbessern und diesen stärker an den Bedürfnissen der Menschen zu orientieren. Die Bauernproteste beispielsweise hätten gezeigt, dass viele Menschen sich politisch nicht wahrgenommen fühlten. Die Wähler wiederum müssten erkennen, dass sich Probleme nicht mit einfachen Antworten lösen lassen, wie es einige Parteien vorgeben. „Es gibt eben keine Schwarz-Weiß-Realität.“ (00/4001/22.12.2024)