Weniger Mitglieder, weniger Kirchensteuern: Die evangelische Kirche hat im vergangenen Jahr sogar noch mehr Mitglieder verloren als im Jahr zuvor. Rund 593.000 Menschen weniger gehörten 2023 einer der 20 evangelischen Landeskirchen an, das sind fast 3,1 Prozent weniger im Vergleich zum Vorjahr, wie die am Donnerstag in Hannover veröffentlichte Statistik der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zeigt. Der Nordkirche gehörten im vergangenen Jahr 64.322 Menschen weniger als 2022 an – ein Rückgang um 3,6 Prozent.
Auch die Kirchenaustritte lagen deutschlandweit mit 380.000 wieder gleich hoch wie im Vorjahr, ein Rekordwert. In der Nordkirche lag die Zahl der Kirchenaustritte bei 47.000. Auch das waren ungefähr gleich viele wie im Jahr zuvor.
Bei den Einnahmen aus der Kirchensteuer verzeichnete die Evangelische Kirche in Deutschland ein Minus von 5,3 Prozent. Die Einnahmen sanken auf 5,91 Milliarden Euro, liegen aber immer noch auf einem hohen Niveau, vergleichbar mit dem Jahr 2019.
Zum Stichtag 31. Dezember 2023 gehörten der evangelischen Kirche deutschlandweit laut vorläufigen Zahlen noch rund 18,6 Millionen Menschen an. Die Nordkirche hatte noch 1.708.631 Mitglieder.
„Wir werden eine kleinere und ärmere Kirche, dieser Tatsache müssen wir uns stellen“, sagte die amtierende EKD-Ratsvorsitzende, Kirsten Fehrs. Dennoch bleibe es auch mit weniger Mitgliedern die Aufgabe der Kirche, sich für Nächstenliebe, Menschlichkeit und die Weitergabe des christlichen Glaubens einzusetzen. Viele Menschen hätten nach wie vor hohe Erwartungen an die Kirchen, sagte die Hamburger Bischöfin.
Grund für den Mitgliederschwund sind Kirchenaustritte und Sterbefälle. Die Zahl der Kirchenaustritte hat die Zahl der Sterbefälle mittlerweile überholt. 380.000 Austritten und 340.000 Sterbefällen bundesweit stehen nur rund 140.000 Taufen und 20.000 Aufnahmen entgegen. In der Nordkirche waren 47.000 Kirchenaustritte und gut 34.500 Sterbefälle zu verzeichnen. Gut 12.000 Menschen wurden getauft, die Zahl der Aufnahmen betrug 2.000. Nicht erfasst in der Statistik sind Zu- und Abwanderungen, sodass sich Unterschiede zu der Gesamtzahl des Mitgliederrückgangs ergeben.
Der Einnahmen-Rückgang bei der Kirchensteuer auf EKD-Ebene erklärt sich zum einen durch die steuerliche Entlastung bei der Einkommensteuer, zum anderen wirkt sich auch der Mitgliederverlust erstmals deutlich aus. Im Jahr 2020 waren die Einnahmen durch die Konjunkturschwäche wegen der Corona-Pandemie zwar leicht gesunken, doch gab es in den vergangenen Jahren stets die Besonderheit, dass die Einnahmen aus der Kirchensteuer trotz Mitgliederverlusten Rekordwerte erreichten.
Noch seien die Auswirkungen der Mitgliederrückgänge auf die Finanzkraft der Kirchen nicht so stark, sagte der Religionssoziologe Detlef Pollack dem Evangelischen Pressedienst (epd). Aber man sehe sie bereits. Die Kirchen sorgten vor, indem sie etwa Gemeinden zusammenlegten und Gebäude abstießen. Das Vertrauen in kirchliche Einrichtungen wie Pflegeheime und Kindergärten sei aber relativ hoch, sagte er. Sinkende Kirchenmitgliederzahlen wirkten sich allerdings auf die Finanzierung von Einrichtungen in diesem Bereich aus.
Aktuelle Mitgliederzahlen für die 27 katholischen Bistümer werden erst im Sommer veröffentlicht. Nicht eingerechnet sind zudem die evangelischen Freikirchen.