Von Katharina Rögner (epd)
Der russische lutherische Erzbischof Dietrich Brauer ermutigt seine Gemeinden in Russland, trotz staatlichem Druck für ihre Überzeugungen einzustehen. „Wir erleben die Erpressung der Religion. Wir sollten aber die Wahrheit des Evangeliums nicht preisgeben, denn dann haben wir keine Zukunft“, sagte Brauer in einem Gespräch mit dem epd am Rande der sächsischen Landessynode am vergangenen Wochenende in Dresden. Der Krieg in der Ukraine dürfe weder verschwiegen noch hingenommen werden. Kirche könne nur für die Wahrheit stehen, sonst gebe sie sich auf.
Krieg und Leid darf im Gebet nicht benannt werden
Brauer zufolge feiern die meisten Gemeinden in der Ukraine und in Russland weiter Gottesdienste. In Russland dürfe generell gebetet werden, aber nicht konkret benannt werden, „dass wir die Menschen in der Ukraine vor Augen haben, die Bilder und Schrecken des Krieges“, sagte Brauer.
Es gebe seit Beginn des Krieges Druck und Erpressung von staatlicher Seite: „Leitende Geistliche und Persönlichkeiten im öffentlichen und kirchlichen Bereich sollen sich äußern und positionieren.“ Wer nicht für die Ukraine-Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin plädiere, müsse mit Konsequenzen rechnen.
Im März geflüchtet
Brauer war deshalb im März mit seiner Familie nach Deutschland geflüchtet. Dabei war er einer Einladung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gefolgt. „Es war eine schwierige Entscheidung, ob wir das Land verlassen, aber wir hatten auch keine Zeit zu überlegen“, sagte das geistliche Oberhaupt von 40000 Protestanten in Russland. Nach dem Angriff auf die Ukraine hatte er scharfe Kritik an der russischen Staatsführung geübt und den Krieg verurteilt. Nach eigenen Aussagen wurde er deshalb in Russland zunehmend bedroht.
Er versuche nun, mit Partnerkirchen zu reden. „Wir beten miteinander für den Frieden“, was in Russland nicht mehr möglich sei, sagte Brauer. So habe er es auch in seiner vorerst letzten Predigt in Moskau praktiziert. Er bete jetzt stellvertretend für die russischen Gemeinden.
Der 39-jährige Russlanddeutsche sagte weiter, „wir müssen damit rechnen, dass ein Großteil der Russinnen und Russen zu diesem Krieg steht oder aber gleichgültig bleibt und schweigt.“ Das sei schwer zu verstehen und auch schwer zu ertragen.
Seine Hoffnung und Erwartung sei gewesen, dass viele religiöse Organisationen sich zusammentun und zu einem gemeinsamen Statement kommen. Das sei nicht passiert. Stattdessen habe die russisch-orthodoxe Kirche mehrfach für die „Spezialoperation“, wie der Kreml den Krieg nennt, plädiert.