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Erntedank

Erntedank mit Kirche, Kneipe und Kuhstallsafari

Kirche, Kneipe, Kuhstallsafari

 

Geschmückter Erntedankaltar, herrlich duftender Gänsebraten, die friedlich grasende Mutterkuhherde und junge Menschen, die mit Leidenschaft Land­wirtschaft betreiben und Lebensmittel herstellen. All das gehört in Goßmar in der Region Luckau zusammen. Auch wenn sich hier wie anderswo ­wirtschaftliche Krisen ankündigen, ist das ein Geschenk und Grund für das Lob am Erntedankfest

 

Von Carola Graßmann

 

Wieder einmal sitze ich in meinem Büro und denke über die Predigt zum Erntedankgottesdienst nach. Sehnsüchtig schaue ich aus dem Fenster und sehe schon wieder eine Reisegesellschaft aus Berlin. Menschen, gut gelaunt, steigen aus dem großen Reisebus und gehen in Petra Kolkwitz` kleine Gaststätte „Schlemmerstube“. Und ich weiß genau: Was da draußen dran steht, ist auch drin. Schlemmen – herrlich duftender Gänsebraten. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen.

 

Ich stelle meinen Wecker, damit ich die Zeit nicht verpasse, denn wir drei Frauen aus dem GKR in Goßmar starten wieder zu unserem Projekt: „Kirche, Kneipe, Kuhstallsafari“. In einer Stunde machen sich die Gäste gut gestärkt auf den Weg in „meine“ kleine Dorfkirche zu einer Führung. Voller Stolz zeige ich den Gästen die neu freigelegte Wandmalerei des Christophorus, gemalt um das Jahr 1490. Ich bin dankbar für diese Begegnungen nicht nur wegen der kleinen ­Kollekte, sondern weil ich immer wieder gerne von „meiner“ kleinen Kirche erzähle.

 

Gerne zeige ich, was den Dorf­bewohnen in der Vergangenheit wichtig war, erzähle wie wir heutein einer immer kleiner werdenden Gemeinde versuchen, Leben in unsere Kirche zu bringen. Ich sehe die staunenden Gesichter, wenn sie hören, dass wir keine Heizung im Winter in der Kirche haben und trotzdem fröhlich die Geburt ­unseres Herrn feiern.

 

Der schon fertig geschmückte Altar zum Erntedankfest lässt die Berliner Gäste die Fotoapparate zücken. Ich könnte den Gästen jetzt noch erzählen, wie viel Freude wir selbst beim Schmücken hatten. Große Bodenvasen mit buntem Laub, Mais und Hagebutten stehen in der Kirche. „Ja mein Gott, du bist sehr herrlich; du bist schön und prächtig geschmückt“ (Psalm 104). Manchmal singen die Gäste dann spontan: „Großer Gott wir loben dich.“ Das erwärmt mein Herz.

 

Und dann geht es zum Höhepunkt der Reise. Eine Kuhstallsafari. Ich gehe nach Hause und weiß schon vorher, was die Gäste erwartet. Schade, dass ich jetzt keine Zeit habe mitzufahren. Mit dem großen Reisebus geht es durch unseren neuen Kuhstall. Das ist das Zuhause für 534 Kühe. Friedlich wiederkäuend, liegt jede an ihrem Platz, reichlich Wasser und Futter steht immer zur Verfügung. Am tollsten finde ich die großen Bürsten für eine Kuh, wenn sie Bedarf hat, sich ausgiebigen massieren zu lassen. Hier herrscht Ruhe und Entspannung. Sie könnten auch auf die Wiese gehen, aber heute ist es viel zu warm. Bei 5 Grad Celsius fühlt sich eine Kuh am wohlsten.

 

Anja Müller-König erzählt dann mit Begeisterung und großer Fachkenntnis vom Leben einer Kuh bei uns. Manchmal hat die Chefin der Agrargenossenschaft keine Zeit, die Safari selbst zu begleiten, dann springen auch schon mal die Lehrlinge ein. Immer wieder bin ich beeindruckt, mit wie viel Liebe diese jungen Menschen das machen. Hier merkt man, wie sie auf ihre Tiere achten. Sie stellen Lebensmittel her und betreiben Landwirtschaft aus Leidenschaft. Was habe ich da nicht alles schon beim Verpächtertag gehört: wie die Pflanzenbauer die Winterbegrünung so anlegen, damit der Boden gelockert und Wasser gehalten werden kann. Ich bin fasziniert. Gleichzeitig beschleicht mich der sorgenvolle Gedanke, wie wir alle wohl durch die derzeitige  Energie- und Wirtschaftskrise kommen werden. Der Agrarbetrieb ernährt 68 Familien.

 

Ich sitze wieder im Büro und sehe die Gäste zurückkommen mit frischer Milch von unserer Milchzapfstelle. Jetzt gibt es in der Schlemmerstube frische Plinse. Am späten Nachmittag bricht die Reisegesellschaft auf, zurück nach Berlin. Herzliches Verabschieden, das war ein Erlebnis.

Ich bin fast fertig mit meiner Predigt und denke: Wie bin ich gesegnet, hier zu leben. Auch wenn ich es jeden Tag sehen kann, muss ich doch immer mit dem Auto anhalten und einen Blick über die friedlich grasende Mutterkuhherde mit den vielen Kälbchen zu werfen. „Du lässest Gras wachsen für das Vieh“ (Psalm 104).

 

Ich erfreue mich an den Apfelbäumen, die jetzt reichlich tragen. Ich bin dankbar, auf meinem Hof in der Sonne sitzen zu können und einfach nur zu träumen. Ich bin ein Dorfmensch und lebe gerne hier. Hier ist meine Heimat und ich freue mich an den Werken des Herrn und lobe ihn von ganzem Herzen.

 

Carola Graßmann ist Katechetin und Prädikantin im Pfarrsprengel Görlsdorf, Schlabendorf, Terp in der Region Luckau im Kirchenkreis Niederlausitz.

 

Der Kirchenkreis Niederlausitz lädt am 2. Oktober um 10 Uhr gemeinsam mit dem Landfrauenverband Niederlausitz und dem Bauernverband Südbrandenburg zu einem Erntedank Gottesdienst mit dem Thema "Kleine Brötchen" nach Luckau ein. Bischof Christian Stäblein wird predigen und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke wird das Grußwort sprechen. Musikalisch begleiten Anna und Wolfram Korr von den Brandenburgischen Sommerkonzerten und der Percussionist Lars Weber den Gottesdienst.