Die Menschen in Deutschland essen gesünder und umweltbewusster. Das zeigt der neue Ernährungsbericht. Jedoch bestehe auch noch großes Nachholpotenzial, insbesondere bei den sozialen Faktoren der Ernährung.
Die Menschen in Deutschland richten sich in ihrer Ernährung zunehmend gesundheits- und umweltfreundlich aus. Es zeige sich ein positiver Trend zu mehr Gemüse- und weniger Fleischverzehr, heißt es im am Mittwoch in Berlin vorgestellten 15. Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Gleichzeitig verdeutlichten die Ergebnisse, dass eine ausgewogene Ernährung bei weitem nicht für alle Haushalte in Deutschland verfügbar ist.
Für den Bericht hat die DGE den Angaben zufolge die Agrarstatistik des Bundes unter den Gesichtspunkten Lebensmittelverbrauch sowie Gesundheit, Umwelt- und Klimaschutz ausgewertet. So habe der Pro-Kopf-Verzehr von Gemüse stetig zugenommen, um ein Kilogramm pro Person auf nunmehr 111 Kilogramm im Jahr. Gleichzeitig sei der Fleischverzehr weiter rückläufig: Rund 20 Prozent weniger rotes Fleisch und Fleischerzeugnisse als noch vor zehn Jahren landeten auf den Tellern der Menschen. Auch beim Alkohol zeigt sich demnach ein rückläufiger Trend: Der jährliche Bierverbrauch etwa sei seit dem vorletzten Bericht im Jahr 2016 um 1,8 Liter pro Kopf gesunken.
Der Anstieg der pflanzenbetonten Ernährung wirke sich positiv auf die Gesundheit der Menschen, aber auch Umwelt und Klima aus, heißt es. Beim Anbau würden deutlich weniger klimaschädliche Treibhausgase erzeugt als etwa bei der Tierhaltung. Gleichzeitig weisen die Forscher darauf hin, dass der Gemüseverzehr weiterhin deutlich unter der von der DGE empfohlenen Menge liege, der von Fleisch und insbesondere zuckerhaltiger Softdrinks hingegen weiter darüber.
“Die Trends gehen in die richtige Richtung, aber sie müssen sich noch deutlich weiter entwickeln”, erklärte Studienautor Kurt Gedrich. Dabei könnten durch leichte Veränderungen der Essgewohnheiten große Effekte erzielt werden.
Die DGE veröffentlicht den Ernährungsbericht alle vier Jahre. Mit Nachhaltigkeit stehe der diesjährige Bericht erstmals unter einem Rahmenthema. Der Bericht enthält zudem erstmals eine Übersicht über die Ernährungssituation in armutsgefährdeten Haushalten. Das betrifft gut ein Fünftel der deutschen Bevölkerung.
Demnach ist fast ein Viertel der befragten 500 armutsbetroffenen Haushalte von moderater oder starker Ernährungsunsicherheit betroffen. “Das bedeutet, betroffene Haushalte empfanden sich aufgrund von Geldmangel in ihrem Zugang zu Lebensmitteln deutlich eingeschränkt”, erklärte Studienautorin Anja Simmet. “Zum Beispiel sorgten sie sich, dass ihnen das Essen ausgeht und sie konnten nur zwischen wenigen verschiedenen Lebensmitteln wählen.” Dadurch entstehe eine soziale Ausgrenzung, die sich bei 70 Prozent der Betroffenen auch in Scham über ihre Ernährungssituation äußere. Die Forscher sprechen von sozialer Ernährungsarmut.
Simmet wies zudem darauf hin, dass in den befragten Haushalten im Durchschnitt mehr Fleisch und Wurst sowie süße und fettreiche Snacks verzehrt würden, dafür weniger Obst und Gemüse. Das habe gesundheitliche Folgen: Über die Hälfte der befragten Eltern berichte von chronischen Krankheiten wie Übergewicht, die auch auf falsche Ernährung zurückzuführen seien. Zusammengenommen führten finanzielle und gesundheitliche Einschränkungen bei vielen der befragten Haushalten zu Zukunftsängsten und psychischer Belastung.
Die Studienautoren weisen jedoch darauf hin, dass fast die Hälfte der hierzu befragten Eltern weniger als ein Jahr in Deutschland lebten, der überwiegende Teil (88 Prozent) stamme aus der Ukraine. Die Ergebnisse seien damit nicht uneingeschränkt auf die armutsgefährdete Bevölkerung Deutschlands übertragbar.