Die Schulen in Deutschland müssen nach Ansicht des Osnabrücker Bildungsforschers Aladin El-Mafaalani so umgestaltet werden, dass sie den Anforderungen an eine Migrationsgesellschaft gerecht werden. Die Ausstattung der Schulen mit Fachkräften und deren Ausbildung entsprächen nicht der sprachlichen und religiösen Vielfalt der Schülerinnen und Schüler, sagte El-Mafaalani in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dieser Mangel sei ein zentraler Grund für das schlechte Abschneiden der Schülerinnen und Schüler bei der jüngsten Pisa-Studie. „Eine typische Grundschule besuchen heute Kinder aus bis zu 50 verschiedenen Herkunftsländern, die mehr als 20 verschiedene Sprachen sprechen.“
„Schulen müssten eigentlich das Labor unserer Gesellschaft sein, in dem wir die Herausforderungen der Migrationsgesellschaft bearbeiten und auch lösen“, sagte der Professor für Erziehung und Bildung in der Migrationsgesellschaft an der Universität Osnabrück. Dazu seien sie aber unter derzeitigen Bedingungen nicht in der Lage.
Kitas und Grundschulen sollten vor allen anderen umstrukturiert werden, forderte El-Mafaalani. Dort sei die Diversität am höchsten. Je jünger die Kinder seien, desto eher könnten Bildungsinstitutionen dafür sorgen, dass Probleme erst gar nicht entstünden. Das Fach Deutsch als Zweitsprache müsse eine zentrale Rolle einnehmen. Die Grundkompetenzen wie Lesen, Rechnen, Schreiben müssten konstant trainiert werden. „Was die Kinder in der Grundschule nicht lernen, kann in der weiterführenden Schule nicht aufgefangen werden. Sie sind darauf angewiesen, dass es in der Grundschule funktioniert.“
El-Mafaalani verlangte zudem, mehr Sozialarbeiter und Psychologen und weitere Experten wie Gesundheitsexperten oder Kulturtherapeuten in die Schulen zu holen. Weil Fachkräfte rar sind, rät der Erziehungswissenschaftler dazu, in großer Zahl Ehrenamtliche als Mentoren zu rekrutieren und Lehrkräfte auch über das Rentenalter hinaus zu beschäftigen. Auch sollten sich Schulen in die Stadtteile öffnen. Für all das sollten sie Geld bekommen, über das sie unbürokratisch und eigenverantwortlich verfügen könnten.
Positiv bewertet der Bildungsforscher, dass sich erste Schulen bereits auf den Weg gemacht hätten. „Dort, wo der Handlungsdruck am größten ist, im Ruhrgebiet etwa oder in Hamburg, erarbeiten sie flexible Lösungen.“ Die Leitungen und Lehrkräfte hätten neue Lernkonzepte geschrieben, den Ganztag und die Elternarbeit neu organisiert, arbeiteten mit Akteuren im Stadtteil zusammen. „Das zeigt, dass man den Kopf nicht in den Sand stecken muss.“