Schwerte – Wie wird die Zukunft Evangelischer Kinder- und Jugendarbeit aussehen? Mit dieser Frage im Hintergrund starteten 145 Teilnehmende am 10. April in einen bundesweiten Fachtag mit dem Titel „Digitalisierung – Fluch und Segen einer industriellen Revolution“ in Haus Villigst. Das Amt für Jugendarbeit der Evangelischen Kirche von Westfalen hatte zu diesem Tag Experten und Akteure eingeladen, um die Veränderungen in der kirchlichen Jugendarbeit zu sondieren.
Mit der Aussage „Digitalisierung ist nicht nur eine brandneue Technik, sondern das Instrument einer gesellschaftlichen Transformation“, eröffnete Thomas Langkabel den fachlichen Diskurs am Vormittag. Und Langkabel ist einer, der es wissen muss, denn er ist National Technology Officer von Microsoft Deutschland. Die Botschaft dahinter: Die Gesellschaft befindet sich in einem radikalen und nicht aufzuhaltenden Veränderungsprozess. „25 Prozent der Kinder, die heute in den Kindergarten gehen, werden Berufe ausüben, die es heute noch gar nicht gibt“, führte Langkabel aus.
Richtig, Transformationsprozesse in einzelnen Bereichen gab es zu allen Zeiten, das ist nichts Neues. Einschneidend ist aber derzeit, dass diese Veränderungsprozesse in allen Branchen gleichzeitig vor sich gehen. Künstliche Intelligenz, persönliche Assistenten und 3D-Druck werden in allen Bereichen des Lebens nachhaltige Veränderungen mit sich bringen. Wie genau aber die Spielregeln dabei aussehen sollen, das sei bislang viel zu wenig diskutiert worden. Langkabel forderte: „Kirche muss sich deutlich lauter und konstruktiver als bislang darin einmischen, wie die Digitalisierung tatsächlich gestaltet werden soll.“
Birger P. Priddat, Ökonom und Philosoph von der Universität Witten/Herdecke, bemängelte, dass Schule heute überwiegend die bloße Aneignung von Wissen lehre, aber nicht das Verstehen der Zusammenhänge. Wichtig sei es, zunehmend zu wissen, was der Mensch nicht mehr zu wissen braucht.
Einig waren sich die Experten darin, dass Digitalisierung das Versprechen auf permanenten Wandel ist und die Fähigkeit, sich in stetigen Veränderungen zurechtzufinden, eine zentrale Zukunftskompetenz sein wird.
„Digitale Mündigkeit ist auch ein wichtiges Schlagwort. Die Evangelische Jugend muss sich auch im Bereich des Digitalen dafür einsetzen, ihre Kinder und Jugendlichen fit zu machen für das, was auf der Welt passiert“, folgerte Peter Bednarz vom Amt für Jugendarbeit und Mitorganisator des Tages.
Mediale Kompetenz als Schlüsselqualifikation der nachwachsenden Generationen – da durfte die Praxiskomponente auf einem Fachtag dieser Art keinesfalls fehlen. Diese konnten die Gäste des Fachforums auf dem medienpädagogischen Marktplatz ganz handfest erfahren. In verschiedenen Marktständen gab es Einblicke beispielsweise vom Grimme Institut zu zielgruppenspezifischen Angeboten oder zum Spiel Minecraft – genutzt, um Kinder und Jugendliche zum ressourcenschonenden Umgang mit Handys zu sensibilisieren. Von Virtuell-Reality-Darstellungen mit HoloLens und Oculus Rift – dabei mischen sich natürliche und künstlich erzeugte Wahrnehmungen – bis zum Segensroboter aus Hessen-Nassau war etliches auf dem Marktplatz vertreten und konnte betrachtet und ausprobiert werden. Anschließende Workshops zu Datenschutz, YouTube-Videos, Online-Partizipation und weiteren aktuellen Themen vertieften Aspekte des vielseitigen Begriffs.
Abschließend resümierte Udo Bußmann, Landesjugendpfarrer der Evangelischen Kirche und Leiter des Amtes für Jugendarbeit: „Wir haben heute eine große Aufgabe bekommen. Zum einen müssen wir wieder neu gemeinsam unveränderliche Werte definieren und als Kirche deutlich dafür eintreten. Zum anderen müssen wir Kinder und Jugendliche unterstützen, vorbereitet zu sein, in einer Welt zu leben, die sich in kürzester Zeit stetig wandelt.“
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Eintauchen in eine sich wandelnde Welt
Ein bundesweiter Fachtag des Amtes für Jugendarbeit der Evangelischen Kirche von Westfalen mit Experten und Akteuren setzt sich mit den Folgen einer zunehmend digitalen Welt auseinander
