Im Kunstmuseum Schwaan bei Rostock beschäftigt sich am 20. Januar 2025 ein Gesprächsforum mit den Auswirkungen des politischen Klimawandels auf die Kunstfreiheit. Dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte Olivia Franke, Vorstandsmitglied des Verbands der Kunstmuseen, Galerien und Kunstvereine in MV, vorab, welche Gefahren sie sieht.
epd: Wodurch gerät die Freiheit der Kunst denn zunehmend unter Druck?
Olivia Franke: Durch den erstarkenden Rechtspopulismus, insbesondere durch die AfD. In einigen Bundesländern fordert die AfD Kürzungen der Kulturförderung. Diese Angriffe bedrohen auch die kulturelle Vielfalt, da sie versuchen, politische und gesellschaftliche Debatten aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen. Denn Kunst ist immer politisch und besitzt eine transformative Kraft. Sie schafft Räume für Reflexion, Kritik und Veränderung – genau das macht sie so wertvoll. Es wäre fatal, die Kunst einem vermeintlichen Neutralitätsgebot zu unterwerfen oder zuzulassen, dass Politikerinnen und Politiker Einfluss auf Inhalte nehmen und die Förderung von politischer Gefälligkeit abhängig machen.
epd: Wie sehen die Angriffe auf die Kunstfreiheit konkret aus?
Franke: Zur Zensur gehören finanzielle Kürzungen der Kulturförderung, insbesondere, wenn Kunst als politisch oder gesellschaftlich unbequem wahrgenommen wird. Und es wird ein erheblicher gesellschaftlicher Druck auf Kunstschaffende und Institutionen ausgeübt, die sich nationalistisch grundierten Narrativen kritisch entgegenstellen und sich mit gesellschaftlich relevanten Themen wie Migration, sozialer Ungerechtigkeit oder auch dem Klimawandel befassen.
Dieser Druck manifestiert sich in öffentlicher Kritik und Bedrohungen, aber auch in der zunehmenden Gefahr von Imageverlust und sozialer Ächtung. Dies führt zu einem Klima der Angst, in dem viele Kunstschaffende zögern, kontroverse Themen zu behandeln oder ihre Arbeiten öffentlich zu präsentieren. Die daraus resultierende Selbstzensur und der Rückzug aus politischen und gesellschaftlichen Diskussionen schränken die kreative Freiheit erheblich ein.
Besonders anschaulich stellt Peter Laudenbach das dar in seinem Werk „Volkstheater – Der rechte Angriff auf die Kunstfreiheit“ (2023). Darin dokumentiert er über 100 rechte Übergriffe auf die Kunstfreiheit. Diese Angriffe reichen von Morddrohungen bis hin zu gewalttätigen Aktionen wie Bombenwarnungen oder das Anzünden von Autos.
epd: Was müsste getan werden, um die Kunstfreiheit zu stärken?
Franke: Wichtig ist ein klares Bekenntnis zu den Grundwerten der Demokratie. Das Grundgesetz sichert in Artikel 5 die Freiheit der Kunst. Es ist jedoch nicht nur eine rechtliche Frage. Kunstschaffende müssen ohne Angst vor Repressionen oder finanziellen Kürzungen arbeiten können. Netzwerke, Partnerschaften und eine öffentliche Debatte sind wichtig, um die Resilienz der Kunstszene zu stärken und einen kollektiven Schutz vor äußeren Bedrohungen zu schaffen.