Rhauderfehn/Kr. Leer. Die 13-jährige Corinna kann es kaum fassen: "Wow, das hier ist alles Kirche", entfährt es ihr. Zusammen mit zahlreichen anderen Konfirmanden aus ganz Ostfriesland erkundet sie mit einem Fragebogen den Ostfriesischen Kirchentag, der noch bis Sonntag in Rhauderfehn gefeiert wird. Bislang kenne sie Kirche eigentlich nur aus ihrer Heimatgemeinde. "Dass Kirche so vielseitig sein kann, ist mir neu", sagt sie und verschwindet mit ihrer Gruppe im Getümmel der Menschen auf dem Weg zur nächsten Bühne, wo sich gerade eine Band auf ihren Auftritt vorbereitet.
Die evangelisch-lutherische Kirchentags-Geschäftsführerin Marion Steinmeier zeigt sich zur Halbzeit fast euphorisch: "Bis auf Kleinigkeiten hat alles geklappt – besser geht’s nicht." Allein der Blick beim Eröffnungsgottesdienst von der Bühne über die mehr als 1.500 Besucher habe ihr fast den Atem genommen, ergänzt ihre Kollegen Bianca Spekker von der reformierten Kirche. Beide Kirche tragen das Christentreffen, das alle vier Jahre stattfindet, gemeinsam.
Schaufenster des kirchlichen Lebens
Tatsächlich ist der Ostfriesische Kirchentag eine Art Schaufenster des kirchlichen Lebens in der Region. Mehr als 5.000 Menschen schlendern an diesem Tag von Stand zu Stand, besuchen die Hospizhilfe, den christlichen Motorradverein, die Straffälligenhilfe der Diakonie oder die Stände der evangelischen Jugend und des Bibelfliesen-Teams. Zum Klönschnack – oft auf Platt – am Stand gibt es immer wieder eine Tasse Tee und auf dem Marktplatz sogar ein Matjesbrötchen. "Rhauderfehn überrascht", sagt die reformierte Präses Hilke Klüver. "Es ist schön, dass wir hier zusammen feiern und diskutieren können. Das ist besser als das übliche Klein-Klein in den Gemeinden."
Neben dem Klönschnack geht es auch um ernste Themen. "Zelt wegen Überfüllung geschlossen" heißt es zunächst beim Auftritt des bekannten Hamburger Theologen Fulbert Steffensky. Doch die Ostfriesen sind pragmatisch: Kurzerhand wird die Seitenfront des Zeltes entfernt, damit mehr Menschen zuhören können.
Steffensky nimmt das Motto des Kirchentages "Hoffnung haben wir" auf und appelliert an die Gäste, sich für eine bessere Welt zu engagieren. "Glaube und Hoffnung verdorren, wo sie nicht Praxis werden." Wenn Christen Leid sähen, seien sie verpflichtet, das Notwendige zu tun, mahnt der Theologe. "Auch wenn wir nicht wissen, ob es letztlich gelingt."