Für die Stadt und den Erdkreis (urbi et orbi) ist der Papst zuständig: als “oberster Brückenbauer” (Pontifex maximus) und “Diener der Diener Gottes” (servus servorum Dei). Normal kein Job, um den man sich reißen würde…
ab Mittwoch (7, Mai) wählen die Kardinäle in Rom den 266. Nachfolger des Apostels Petrus (und also den 267. Papst) an die Spitze der katholischen Weltkirche. Was steckt hinter “dem Papsttum”, wie man dieses Phänomen der Weltgeschichte nennt? Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) buchstabiert das römische Universum durch.
Amtsverzicht: landläufig “Rücktritt des Papstes” genannt. Vom Kreuz steige man nicht herab, beschied der einstige Papstsekretär Kardinal Stanislaw Dziwisz. Benedikts XVI. erster freiwilliger Amtsverzicht eines Papstes seit 718 Jahren war 2013 theologischer Befreiungsschlag und Sprengsatz zugleich. Benedikt wurde so zum “Ent-Zauberer” des Papstamtes. Ein neuer Name musste her: “Alt-Papst”? “Ex-Papst”?
Bernini-Baldachin: Das barocke Kupfermonstrum über dem Hauptaltar von Sankt Peter ist eines der Symbole für die universale Bedeutung des Papsttums; manche sagen eines universalen Machtanspruchs. Für seinen Guss wurde die antike Kuppel des nahe gelegenen römischen Pantheons entkernt.
Christus: ist der Herr und Begründer der Kirche. Ihn vertritt der Papst bis heute als Stellvertreter auf Erden – weil Christus laut dem Matthäus-Evangelium auf Simon Petrus, “dem Fels” und späteren ersten Leiter der Christengemeinde von Rom, seine Kirche bauen wollte.
Diplomatie: Die Päpste waren und sind – mal mehr, mal weniger – Akteure der Weltpolitik. Ob als Betreiber der Kreuzzüge, als Wohl oder Wehe rivalisierender Herrscher, als Profiteure von Eroberungen und Kolonialisierung oder als Versöhner, Friedensmahner und Vermittler.
Enzykliken: Die Industrielle Revolution im 19. Jahrhundert wälzte die Menschheit radikal um; die sogenannte Soziale Frage der Arbeiterschaft stand im Raum. Als Antwort der Kirche legte Papst Leo XIII. 1891 sein Lehrschreiben (Enzyklika) “Rerum novarum” vor. Seitdem legen die Päpste die kirchliche Soziallehre gemäß den wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Bedingungen ihrer Zeit aus.
Fotos: Der Papst gilt als eine der meistfotografierten Personen weltweit. Jeder will ihn – ob tot oder lebendig.
Gegenpäpste: “Es kann nur einen geben!” Das “Highlander”-Motto galt stets auch für das Papsttum – zumindest bis zum Amtsverzicht Benedikts XVI. 2013. Doch bis ins 15. Jahrhundert hinein gab es immer auch Personen, die wollten Papst sein anstelle des Papstes. Der Streit darüber konnte Jahrzehnte dauern.
Heilige: Es ist am Papst, Fürsprecher der Menschen im Himmel zu ernennen. Nachdem die Kirche das Verfahren der Heiligsprechung im 17./18. Jahrhundert klar geregelt und damit beruhigt hatte, gibt es zuletzt einen sich verstärkenden Trend zu Eiligsprechungen; und zu einer Form von Selbstsakralisierung, da immer mehr Päpste von Päpsten heiliggesprochen werden.
Italien: ist nicht nur der Deutschen liebstes Urlaubsland, sondern auch das Land des Papsttums. Bis zur italienischen Einigungsbewegung und der Eroberung Roms 1870 waren Teile des Landes sogar buchstäblich päpstliches Herrschaftsgebiet: der Kirchenstaat.
Jugend: Die Jugend ist immer auch die Zukunft der Kirche. Und weil Johannes Paul II. (1978-2005) das klar erkannte, erfand er in den 80er Jahren die Weltjugendtage, um der Jugend einen internationalen Begegnungs- und Erlebnisraum in der Kirche zu schaffen.
Kirchenspaltungen: musst du als Papst aushalten – und versuchen, sie wieder zu überwinden. Immer wieder haben sich Gruppen von Christen über Lehr- und Glaubensfragen, über Disziplin oder Definitionen entzweit. Zu kitten ist viel schwieriger.
Lehre, katholische: Sie dreht sich traditionell um christliche Moral und Ethik und um Fragen von Leben und Tod. Nach den gesellschaftlichen Verwerfungen im Zuge der Industrialisierung kam die kirchliche Sozialverkündigung hinzu; und zuletzt Umweltthemen im Sinne der Bewahrung der Schöpfung.
Milliardär: ist zuletzt jeder Papst gewesen. Zwar nicht in der Geldbörse – die ist leer und immer leerer -, aber bei der Mitgliederzahl von mehr als 1.400 Millionen Katholiken weltweit.
Name: Ein neugewählter Papst gibt sich einen Papstnamen, der oft symbolisch für ein Programm steht oder jemanden, dem er nachahmen möchte. Franziskus verband sich so mit dem “Freund der Armen” aus Assisi. Es gab aber auch schon 22 mal Johannes, je 16 mal Gregor und Benedikt sowie 14 mal Clemens.
Orden: sind echte Global Player. Mit den weltweit rund einer Million katholischen Ordensleuten als Verbreiter und Sozialarbeiter in der Gesellschaft hat der Papst Divisionen, die weit über den Spott Stalins aus dem Jahr 1935 hinaus wirken.
Petrus: Ehe der Hahn dreimal krähte, hatte er Christus in der Nacht zum Karfreitag dreimal verleugnet. Doch nach diesem sprichwörtlich menschlichen Versagen wurde der Fischer Schimon aus Galiläa tatsächlich zum Petrus, zum Fels für die Kirche.
Quadratur des Kreises: Die hat der Papst Tag für Tag zu absolvieren. 1,4 Milliarden Mitglieder hat seine weltweite Gemeinschaft; und so breitgestreut sind auch die Ansichten, Lebensumstände und Haltungen. Von einer “Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen in der Weltkirche” sprach neulich die “FAZ”. Die Fliehkräfte und Unwuchten soll ein einziger in Rom ausbalancieren.
Rom: Wo der Papst ist, da ist Rom (“ubi Papa, ibi Roma”), so heißt es traditionell. Der verstorbene Franziskus hat zwar immer erklärt, es müsse nicht alles von Rom geregelt werden. Bis aber die Ortskirchen Grünes Licht für eigene Entscheidungen bekommen, wird noch viel Wasser den Tiber hinunterfließen.
Sixtinische Kapelle: “Das schönste Wahllokal der Welt” wurde sie zuletzt genannt. Hier, im Angesicht des monumentalen Jüngsten Gerichts von Michelangelo, werden die Kardinäle traditionell eingeschlossen, um den neuen Papst zu wählen.
Theologie: Nicht jeder Papst ist ein so begnadeter Wissenschaftler wie Benedikt XVI., den man auch den “Mozart der Theologie” nannte. Franziskus verstand sich eher als Hirten, der denselben Geruch wie seine Schafe hat.
Unfehlbarkeit: ist seit der Dogmatisierung 1870 einer der größten Stolpersteine für die Ökumene und damit für die Überwindung von Kirchenspaltungen (s. dort). Oft ist gefragt worden, ob es dieser Definition wirklich bedurft hätte.
Vatikan: für Kirchenkarrieren nach wie vor der Place to be. Dass ein Papst die Kirche künftig von New York, Rio, Tokio aus im Homeoffice leitet, bleibt absehbar Zukunftsmusik.
Wahlmonarchie: Die Staatsform der Vatikanstadt ist die einer absoluten Wahlmonarchie. Die Wahl des Papstes im Konklave durch die Kardinäle ist allerdings verfassungsrechtlich nicht im Staat der Vatikanstadt, sondern kirchenrechtlich in der katholischen Kirche angesiedelt. Gleichzeitig hat der Papst weitreichende Befugnisse, von denen heutige Erbmonarchen nur träumen können.
X-Chromosom: Frauen sind im Vatikan glasklar in der Minderheit – und zu Weiheämtern gar nicht erst zugelassen. Erst zuletzt ermöglichte der verstorbene Papst Franziskus Frauen auch vatikanische Leitungsämter.
Y-Chromosom: Die Geschichte der Päpste ist eine Männerwelt. Hat sich tatsächlich mal eine Frau ins höchste Kirchenamt eingeschlichen? Die mittelalterliche Legende von der Päpstin Johanna hält sich hartnäckig. Sie wird aber aber auch durch Romane und Filme nicht wahrer.