Jedes Jahr wird der schönste Wanderweg Deutschlands prämiert. Laut Deutschem Wanderinstitut werden die Wanderbegeisterten immer jünger und haben zugleich hohe Ansprüche an einen attraktiven Wanderweg.
Der Langhalsweg schmiegt sich mit Blick auf das Mittelrheintal an steilen Berghängen entlang über den Bopparder Hamm bis hin zur Marksburg. Auf 8,4 Kilometern wechseln sich ruhige Waldpfade, romantische Täler und schroffe Felsklippen rund um Osterspai in Rheinland-Pfalz ab. In drei Stunden Wanderzeit werden 336 Höhenmeter bewältigt.
Das Deutsche Wandermagazin kürte den ehrenamtlich angelegten Langhalsweg zum “Schönsten Wanderweg des Jahres 2024”. “Schönheit liegt im Auge des Betrachters, aber es gibt gewisse Qualitätsmerkmale, die viele Wanderfreunde schätzen”, sagt Jarle Sänger, Projektleiter “Deutschlands schönster Wanderweg” des Wandermagazins im Gespräch mit der KNA.
“Die meisten Menschen mögen Wege, die abseits großer Verkehrsadern verlaufen, mit direktem Naturbezug und vor allem mit abwechslungsreicher Streckenführung. 10 Kilometer am Stück durch ein Tal zu wandern, sei es noch so schön, wird auch irgendwann einmal langweilig”, so Sänger.
Besonders beliebt seien zudem kleine Highlights auf der Strecke wie Burgruinen oder Wasserfälle. Der Langhalsweg beispielsweise lädt Wanderer auf einer großen Holzschaukel mit Blick ins Rheintal zum Verweilen ein. Fotoaffine Menschen hingegen können am sogenannten Mittelrheinherz, einem Rahmenaufsteller mit Panorama auf Osterspai, ein Erinnerungsfoto schießen. Und wer auf ein kühles Bier oder eine Limo nicht verzichten mag, findet auf dem Weg zwei Getränkeboxen, aus denen man sich nach einer kleinen Spende bedienen darf.
“Immer mehr Menschen ist eine gute Einkehrmöglichkeit auf dem Weg wichtig. Genusswandern auf Wanderwegen mit kulinarischem Bezug, zum Beispiel Weinwanderwege, liegt im Trend”, sagt Sänger. Das bestätigt auch Klaus Erber, Vorsitzender des Deutschen Wanderinstituts: “Kulinarik wird immer mehr zum Transporteur für Regionalität. Die Menschen wollen beim Wandern nicht nur zur Ruhe kommen, Stress abbauen und die Natur erleben, sondern zunehmend auch die verschiedenen Regionen in Deutschland kennenlernen.”
Das Wanderinstitut empfiehlt deshalb Betreibern von Wanderwegen wie Kommunen, Vereinen oder Tourismusorganisationen, mehr Erklärtafeln aufzustellen. Das neu entwickelte Zertifikat “Regionalgenuss” zeichnet deshalb Wege aus, auf denen regionale Produkte angeboten werden. Die Stausee Tafeltour im Saar-Hunsrück (Saarland) beispielsweise trägt dieses Zertifikat seit einiger Zeit.
Sowohl Sänger als auch Erber bestätigen: die Wanderbegeisterung hat in den vergangenen 20 Jahren stark zugenommen. Zudem wird das Publikum immer jünger. Laut Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse sind 2024 1,88 Millionen Menschen im Alter von 14 bis 19 Jahren häufig oder ab und zu wandern gegangen. In der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren waren es 38,67 Millionen Menschen.
“Auch die Corona-Pandemie hat das Interesse am touristischen Wandern erhöht – teils aus Mangel an anderen Freizeitaktivitäten”, sagt Erber. Er macht auf das Problem des sogenannten “Overtourism” aufmerksam, also die Überlastung von Regionen oder auch ganzen Naturlandschaften durch zu viele Besucherinnen und Besucher.
Erber: “Ein enormes Menschenaufkommen hat während der Pandemie zur Vermüllung einiger Wald- und Wanderwege geführt. Vor allem auch, weil viele Leute nicht wussten, wie sie sich adäquat in der Natur verhalten sollten.”
Dies verbessere sich jedoch langsam wieder. “Einige Corona-Wanderer sind aufs Flugzeug zurückgestiegen und machen lieber wieder Fernreisen. Die anderen haben mit der Zeit gelernt, sich in der Natur besser zu verhalten und ihren Müll wieder mitzunehmen”, sagt Erber. Sänger bestätigt diese Beobachtung.
Auch in puncto Mobilität zeigen sich Veränderungen. Während Wanderwege früher vorwiegend mit dem Auto angereist wurde, gewinnt der öffentliche Nahverkehr zunehmend an Bedeutung – nicht zuletzt durch die Einführung des Deutschlandtickets. Viele Wanderwege wurden deshalb besser an Bahnhöfe und Buslinien angebunden.
“Wandern kann nachhaltig werden, wenn man mit dem öffentlichen Personenverkehr anreist. Das steigende Interesse der Menschen an Pflanzen und Tieren trägt hoffentlich zur Bewahrung der Schöpfung bei”, unterstreicht Erber.