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Die Kirche – viel mehr als Verkündigung des Evangeliums

Sehr altbacken, viele Skandale: Auf der Kirche wird gern rumgehackt. Zu Unrecht, kommentiert Redakteurin Andrea Seeger. Zeit für ein Loblied!

Konfetti unterm Kreuz: Die Kirche steht auch für jede Menge Positives, kommentiert unsere Redakteurin Andrea Seeger
Konfetti unterm Kreuz: Die Kirche steht auch für jede Menge Positives, kommentiert unsere Redakteurin Andrea SeegerImago

Der konfessionslose Bundeskanzler Olaf Scholz hat in der ersten Januarwoche eine jugendliche Sternsinger-Schar im Kanzleramt empfangen, damit sie Segen ins Haus bringen. Die konfessionslose Bürgermeisterin einer mittelgroßen Gemeinde in Hessen hat an den runden Tisch ins Rathaus eingeladen. Thema: Stadtentwicklung. Mit dabei sind wie immer die Pfarrerinnen und Pfarrer der Stadt.

Kirche ist im öffentlichen Raum an vielen Stellen wie selbstverständlich präsent. Das ist bemerkenswert und verdient Aufmerksamkeit. Denn es vergeht ja kaum eine Woche, in der nicht etwas zu lesen ist über ihr Siechtum und langsames Verschwinden. Ja, die Kirchen schrumpfen, jedenfalls gemessen an den Zahlen ihrer Mitglieder. Aber Schluss mit dem Jammern. Denn so paradox es klingt: Die Kirchen bringen für das gute Leben in dieser Gesellschaft ganz schön Gewicht auf die Waagschale.

Nicht immer so negativ!

Und auch hier gilt: Anstatt immer nur auf das Negative zu sehen, täte ein Perspektivwechsel gut. Wie wäre es denn ohne die Kirchen? Wenn Caritas und Diakonie mit ihren vielen Angeboten für Arme, Schwache, Kranke, Hilfsbedürftige ausfallen, die Kirchenmusik verstummt, die Chöre schweigen, Seelsorgerinnen und Seelsorger fehlen in Krankenhäusern, Altenheimen, Palliativstationen und im Notfall?

Kirche ist weit mehr ist als eine institutionalisierte Organisationsform für Religion und die Verbreitung des Evangeliums. Sie ist auch lokale Gemeinschaft von Menschen, die im Ort ihr Zusammenleben gestaltet. Sie ist ein Hort für Freiheitserfahrungen von Jugendlichen, die sich vom Elternhaus abnabeln, zum Beispiel im Konfirmandenunterricht, danach in der Jugendarbeit.

Redakteurin Andrea Seeger
Redakteurin Andrea SeegerChristoph Boeckheler / Medienhaus Frankfurt

Sie bietet Freiraum auch für Menschen, die nicht mit dem Strom schwimmen. Sie kann eine wichtige Rolle einnehmen als Vermittlerin. Das wird in einer Zeit, in der die Gesellschaft mehr und mehr auseinanderdriftet, immer wichtiger. Nicht zuletzt bieten die Kirchen einen Ort für spirituelle Erfahrungen und Suche nach Sinn.

Gerade in der vielfachen Ausgestaltung von Kirche liegt eine große Chance. Ihr Auftrag ist es nun zu vermitteln, warum auch die Gesellschaft von heute Kirchen dringend braucht.