Auf dem Friedhof I der Berliner Georgen-Parochialgemeinde wurde 1814 das erste Mal bestattet. Damals lag das Gelände noch vor den Toren der Stadt. In guter Südost-Lage wurde dort zuvor Wein an den zwölf Meter hohen Hängen des Prenzlauer Bergs angebaut. In den folgenden Jahrzehnten wuchs Berlins Bevölkerung massiv und das Areal der neuen Begräbnisstätte wurde bis 1842 dreimal erweitert. Heute steht der 40 Hektar große Friedhof an der Greifswalder Straße mit seinen vielen historischen Grabmalen komplett unter Denkmalschutz.
Mit seinen seltenen Gittergrabfeldern aus dem Ende des 19. Jahrhunderts, den imposanten Familiengräbern und gewaltigen Mausoleen ist er eine Fundgrube Berliner Stadtgeschichte. So liegen hier etwa der Komponist und Kapellmeister August Conrady (1821-1873), der „Urania“-Gründer Carl Ludwig Zeitler (1835-1910 und der Gründer der ersten Blindenschule Deutschlands, Johann August Zeune (1778-1853).
Berlin hat viele historische Friedhöfe, wie den Georgen-Parochial. Und viele der historischen Mausoleen, Wandgräber, Gittergräber und Gartengräber drohen zu verfallen, weil es schon lange keine Angehörigen mehr gibt und Friedhofsträger wie der Evangelische Friedhofsverband Berlin-Stadtmitte mit dem Erhalt finanziell überfordert sind. „Deshalb werben wir sehr für Grabpatenschaften“, sagt Katrin Manke vom Evangelischen Friedhofsverband.
Seit 2009 bietet der Verband, der in Berlin 46 Friedhöfe verwaltet, Patenschaften für historische Gräber und Grabstellen an. In einem mit der Friedhofsverwaltung abgestimmten Patenschaftsvertrag übernimmt der Pate die Verpflichtung zur Instandsetzung und Instandhaltung der Grabanlage. Im Gegenzug kann er sich später dort beisetzen lassen.
Fünf bis zehn Patenschaften schließt der Verband jährlich ab, berichtet Manke, die bei dem evangelischen Friedhofsträger dafür zuständig ist. Je nach Größe des Grabes liegt der finanzielle Aufwand für die Paten zumeist zwischen 4.000 und 20.000 Euro. „Es kann aber auch bis in den sechsstelligen Bereich gehen, wenn es beispielsweise um den Erhalt eines Mausoleums geht“, sagt Manke.
Wird eine Grabpatenschaft abgeschlossen, kümmert sich der Friedhofsverband um alle denkmalrechtlichen Anträge und Abstimmungen und empfiehlt dem Paten Restauratoren. „In der Regel ist dann nach einem bis anderthalb Jahren das Grab gesichert und restauriert“, sagt sie. Die üblichen Gebühren für das Nutzungsrecht an der Grabstelle fallen dann erst im eigenen Beisetzungsfalle an. „Ich finde, das gibt ein gutes Gefühl, wenn man schon zu Lebzeiten weiß, wo man später liegen wird und dabei auch noch etwas Gutes tut“, sagt Manke.
Jedes der vielen historischen Gräber in Berlin sei wichtig und ein Kulturgut, sagt sie. Viele Grabstellen seien im Laufe der Jahrzehnte verschwunden oder nicht mehr zu retten gewesen: „Aber was noch steht, das muss bewahrt werden.“
Es gebe auch immer wieder Leute, die „einfach so helfen wollen“. Ohne dass sie später selbst dort beerdigt werden wollen. So habe ein Mäzen sehr viel Geld in die Restaurierung von Grabanlagen auf dem Georgen-Parochial gesteckt, hätte sein Familiengrab aber ganz woanders. „Der hat sich in den Friedhof verliebt“, berichtet Manke. Zusätzlich habe er auch Informationstafeln auf dem Gelände finanziert, die unter anderem über die dortige Flora und Fauna aufklären.