Sonntag: Psalm 129
Montag: Judit 2, 7-17
Dienstag: Judit 2, 18–3,12
Mittwoch: Judit 4, 1-14
Donnerstag: Judit 5, 1-23
Freitag: Judit 5, 24–6,5
Samstag: Judit 6, 6-20
Interessant ist, dass die Geschichte der Judit bereits in der Zeit des neubabylonischen Königs Nebukadnezar spielt. Der hat von 604 bis 562 v. Chr. gelebt, und er war es auch, der schließlich im Jahre 587 Jerusalem eroberte und der jüdischen Eigenstaatlichkeit ein Ende machte. Das Exil in Babylon folgte, das bei allem Leid aber auch zu einer religiösen Erneuerung und Erweckung in Israel führte. Damals war jedoch nicht der militärische Widerstand die entscheidende Überlebenskraft, sondern die Geduld der Hoffnung, die über mehrere Generationen in den Verbannten lebendig blieb.
Die Geschichte der Judit ist allerdings erst in der Zeit der Makkabäer, also über 400 Jahre später aufgeschrieben worden! Das spürt man etwa daran, wie mit den historischen Fakten umgegangen wird: Nebukadnezar regierte in Babylon und nicht in Assyrien, und Ninive war längst von seinem Vater zerstört worden. Während in den Makkabäerbüchern der klassische männliche Held und seine Getreuen im Mittelpunkt des Geschehens stehen, ist es hier eine Frau, die zur Retterin von Volk und Glauben wird. Und vor allem ist es eine schöne Frau, wie der Text nicht müde wird zu betonen, eine wunderschöne sogar, mit betörender weiblicher Ausstrahlung. Die eigenen Leute konnten die Blicke nicht abwenden von ihr (10,10), und den Feinden erging es nicht anders: „Wer kann dieses Volk verachten, das solche Frauen bei sich besitzt?“(10,19), staunten sie.
Aus seiner Frühzeit kannte Israel zwar auch Frauen, die sich an die Spitze der Kämpfenden setzten wie Debora (Richter 5). Von alledem findet sich bei Judit nichts. Judit ist schön und klug und lebt in fester Frömmigkeit in den Ordnungen des Glaubens. Sie befolgt die Speisegebote sogar im Feindesland. Sie rührt keine nicht koschere Speise der Gastgeber an, ein im Orient auch bei Juden ungewöhnliches und riskantes Verhalten, weil es die Gebote der Gastfreundschaft verletzte.
Das Verhalten dieser bemerkenswerten Frau muss man auch auf dem Hintergrund der damaligen und leider auch heutigen Kriegführung sehen. Zu den Kriegen gehörte und gehört fast wie unabwendbar die Schändung von Frauen. Massenvergewaltigungen der Besiegten wurden gar als ein Anreiz für tapferes Kämpfen in Aussicht gestellt. In diesem Fall aber ist es umgekehrt: Eine Frau handelt! Sie ist nicht Opfer, sondern Täterin. Am Ende hat sie in einer vermeintlichen Liebesnacht den Mut zu einer entsetzlichen Grausamkeit, die sie mit unfasslicher Kaltblütigkeit und Skrupellosigkeit ausführt, als sie den Mann, der in versunkener Wehrlosigkeit bei ihr war, mit seiner eigenen Waffe tötete.