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Diakonie Niedersachsen warnt vor Fachkräftemangel in der Pflege

Steigende Kosten, Personalmangel und immer mehr Pflegebedürftige – der Pflegenotstand bringt Pflegekräfte und Angehörige an ihre Grenzen. Auch die Diakonie in Niedersachsen schlägt Alarm.

Eine Pflegeform zwischen ambulanter und stationärer Pflege strebt Gesundheitsminister Karl Lauterbach an
Eine Pflegeform zwischen ambulanter und stationärer Pflege strebt Gesundheitsminister Karl Lauterbach anepdbild / Gerhard Baeuerle

In der Tagespflege des Christophorusstifts scheint die Welt noch in Ordnung. „Wir sind gut ausgestattet“, sagt Kerstin Hoffmann, die Pflegedienstleiterin der teilstationären Einrichtung im Westen von Hildesheim. Alle Stellen seien mit den laut Schlüssel nötigen Fachkräften besetzt, und es gebe auch ausreichend „Gäste“. Doch Freude darüber will bei der 57-Jährigen ehemaligen Krankenschwester nicht aufkommen. Dazu sei die Situation in der Pflege insgesamt zu angespannt. Auch das Konzept der Tagesaufenthalte in Verbindung mit der häuslichen Pflege sei in Gefahr.

Der Tagesaufenthalt bietet Platz für 20 pflegebedürftige Menschen, die in der häuslichen Umgebung versorgt werden, und soll pflegende Angehörige zwischen 8 Uhr und 16.30 Uhr entlasten. Es bietet Pflege und Betreuung. Doch in den vergangenen Monaten sei der Eigenanteil für die Leistungen so sehr gestiegen, dass viele Gäste das Angebot nur noch seltener als bisher in Anspruch nehmen könnten, erklärt Hoffmann. „Wir brauchen dringend eine bessere Refinanzierung seitens der Kassen.“

Enorme Belastung für Pflegekräfte und pflegende Angehörige

Die gestiegenen Kosten sind nur ein Problem, wenn am 12. Mai der „Tag der Pflege“ und der Pflegenden begangen wird. Ein anderes Problem ist der Fachkräftemangel. „Die Personaldecke in den unterschiedlichen Bereichen der Pflege ist sehr ausgedünnt“, beschreibt Hans-Joachim Lenke, Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen, den Notstand.

Krankheitszeiten oder der Weggang von Personal könnten kaum mehr aufgefangen werden, so Lenke weiter. Etliche Einrichtungen müssten ihre Leistungen daher einschränken. „Die durchschnittliche Nachbesetzung von Stellen für Fach- und Hilfspersonal dauert mittlerweile drei bis sechs Monate. Das ist eine enorme Belastung für die Kolleginnen und Kollegen.“

40 Prozent der Pflegerkäfte gehen demnächst in den Ruhestand

Neben den professionellen Kräften sind es die pflegenden Angehörigen, die das System am Laufen halten. Sie versorgen nach Angaben des niedersächsischen Sozialministeriums rund die Hälfte der etwa 550.000 Pflegebedürftigen in Niedersachsen (Stand 2021). „Die Situation ist dramatisch“, sagt Christiane Hüppe von „wir pflegen“, einer Interessenvertretung pflegender Angehöriger. Hüppe, die selbst ein mehrfach schwerstbehindertes Kind pflegt, fordert mehr Plätze in der Tagespflege sowie mehr Geld für Kommunen.

Die Zeit drängt. Denn rund 4o Prozent der Pflegekräfte gingen in den nächsten Jahren in den Ruhestand, wie Lenke betont. Um die Versorgungslage zu verbessern, hofft die Diakonie deshalb auf ein „Qualifikations- und Kompetenznetzwerk“, damit Hilfskräfte besser qualifiziert werden und alle Beteiligten enger zusammenarbeiten können.