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Diakonie-Experte: Interesse an der Einbürgerung ist hoch

Der Bundestag hat das Staatsangehörigkeitsrecht geändert. Einbürgerungen sollen dadurch schneller möglich sein, aber Hürden bleiben bestehen, sagt der Diakonie-Experte Falko Behrens.

Ein Personalausweis der Bundesrepublik Deutschland
Ein Personalausweis der Bundesrepublik DeutschlandImago / Rene Traut

In der kommenden Woche tritt die Einbürgerungsreform in Kraft. Damit verringert sich die Wartezeit auf den deutschen Pass. Zudem entfällt die Pflicht, bei der Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft die ursprüngliche Staatsangehörigkeit aufzugeben. Das Interesse sei hoch, es blieben aber auch Hürden bestehen, sagt der Asyl- und Migrationsexperte des Diakonie-Bundesverbandes, Falko Behrens, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zudem müssten sich Interessierte auf lange Verfahren einstellen.

epd: Am nächsten Donnerstag tritt die Reform des Einbürgerungsrechts in Kraft. Für viele werden die Hürden zur Einbürgerung gesenkt. Wie groß ist in den Migrationsberatungsstellen das Interesse an der Einbürgerung?
Falko Behrens: Das Interesse an der Einbürgerung ist quer durch unsere Beratungsdienste hoch. Teils erhalten wir Anfragen zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit schon in der Asylverfahrensberatung. In erster Linie tauchen diese Fragen jedoch in der Migrationsberatung für Erwachsene Zugewanderte (MBE) auf. Daher ist es auch wichtig, dass der Bund die nötigen Kapazitäten für unabhängige Beratung zum Einbürgerungsverfahren bereitstellt und diese Inhalte nicht aus dem Beratungsmandat streicht.

Wer interessiert sich besonders für den deutschen Pass?
Wir erheben hierzu keine empirischen Daten. Es ist jedoch erkennbar, dass Personen, die vor den Regimen ihrer Herkunftsstaaten geflohen sind, sich für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit interessieren. Das sind zum Beispiel Menschen, die im Herbst 2015 gekommen sind und sich jetzt gut gesettelt haben; außerdem Familien, die schon Jahrzehnte in der Bundesrepublik leben, hier arbeiten und längst Teil unsere Gesellschaft geworden sind. Schließlich ist die Einbürgerung besonders für diejenigen interessant, die eine doppelte Staatsangehörigkeit erlangen können. Insoweit ist die Anerkennung von Mehrstaatigkeit durch die Einbürgerungsrechtsreform zu begrüßen.

Immer wieder wird vor Engpässen bei der Bearbeitung in den Behörden gewarnt. Auf welche Verfahrensdauer müssen sich Antragsteller und Antragstellerinnen einstellen?
Einbürgerungsverfahren dauern viel zu lange. Nahezu flächendeckend berichten unsere Beratungsstellen von mindestens ein bis zwei Jahren Verfahrensdauer. Da wird auch die Reform nichts dran ändern. Was es zusätzlich braucht, sind besser ausgestattete Behörden.

Mit der Reform wurden die Regeln für diejenigen, die ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können, verschärft. Das betrifft auch behinderte Menschen, Alleinerziehende oder pflegende Angehörige. Was raten Sie diesem Personenkreis?
Soweit der Einbürgerungsantrag abgelehnt wird, weil aufgrund von Behinderung oder Sorgearbeit keine Vollzeitbeschäftigung möglich ist, sollten Betroffene unbedingt eine Beratungsstelle oder eine spezialisierte Anwaltskanzlei aufsuchen. Möglicherweise wird diese Regelung wegen Grundrechtsverletzungen in ein paar Jahren vom Bundesverfassungsgericht gekippt. Das wäre jedenfalls zu hoffen, denn der faktische Ausschluss der genannten Gruppen ist verfassungsrechtlich höchst fragwürdig, offenkundig diskriminierend sowie integrationspolitisch kontraproduktiv.