Helle Lichter, Budenzauber, Glühwein: In diesem Jahr dauert der Advent nur 22 Tage – im vergangenen Jahr waren es 28. Viele Weihnachtsmärkte hatten deshalb schon vor dem Totensonntag geöffnet.
Kürzer kann der Advent nicht sein. In diesem Jahr fallen wieder der vierte Advent und Heiligabend zusammen. Die vorweihnachtliche Zeit dauert ganze 22 Tage – im vergangenen Jahr waren es 28. Die Weihnachtsgeschenke liegen also bereits am vierten Adventssonntag unter dem Tannenbaum. Für den Handel, aber auch für alle, die nach Geschenken suchen, bedeutet das gefühlt mehr Zeitdruck. Auch Theater, Chöre und Musikensembles müssen sich auf weniger Aufführungstage und mehr Konkurrenzveranstaltungen einstellen.
Der Grund dafür ist, dass Weihnachten zu den unbeweglichen Feiertagen im Kalender gehört. Heiligabend ist immer am 24. Dezember, der Wochentag kann dagegen variieren. Zugleich ist kirchlich festgelegt, dass die Vorbereitungszeit auf Weihnachten vier Sonntage umfassen muss. Der Advent hat also mindestens 22 und höchstens 28 Tage.
Diese Regelung hat sich erst im Lauf der Kirchengeschichte verfestigt. Das Datum der Geburt Jesu ist nicht überliefert – anders als sein Todesdatum, das die Evangelien eindeutig mit dem jüdischen Passahfest in Verbindung bringen. So kam es, dass das Geburtsfest Jesu in der frühen Kirche zu unterschiedlichen Zeitpunkten gefeiert wurde. Die Kirchen in Rom und in Afrika legten sich wohl schon früh auf den 25. Dezember fest. Ob dabei der römische Sonnenkult eine Rolle spielte, dessen Hauptfest am an diesem Tag begangen wurde, ist umstritten.
Fest steht, dass die Kirchen eine Bußzeit vor die Festtage der Weihnachtszeit setzten. Sie dauerte ursprünglich 40 Tage, wie auch die Fastenzeit vor Ostern. Papst Gregor der Große (590-604) beschränkte die Adventszeit dann auf die vier Sonntage vor Weihnachten.
Viele Weihnachtsmärkte hatten in diesem Jahr deshalb früher als gewöhnlich geöffnet – viele sogar schon vor dem Totensonntag (26. November), an dem evangelische Christen der Toten gedenken. In Hamburg etwa hatten einige Stadtbezirke – auch mit Blick auf die Einbußen während der Pandemie – beschlossen, dass Schausteller bereits ab 17. November Glühwein, Tannenbaumschmuck und Kinderkarussell anbieten konnten. Der Kölner Weihnachtsmarkt am Dom startete am 23. November – um dann am Totensonntag geschlossen zu bleiben. Leipzig und Kiel dagegen hielten die Tradition aufrecht, den Weihnachtsmarkt erst nach Totensonntag zu öffnen. Er dauert dort also nur gut dreieinhalb Wochen.
Vorweihnachtliche Märkte gibt es seit dem späten Mittelalter. Im 14. Jahrhundert kam der Brauch auf, Handwerkern wie Spielzeugmachern, Korbflechtern oder Zuckerbäckern zu erlauben, Verkaufsstände für die Kleinigkeiten auf dem Markt zu errichten, die die Kinder zu Weihnachten geschenkt bekamen. 1310 wurde ein Nikolausmarkt in München erstmals urkundlich genannt, 1434 der Dresdener Striezelmarkt erstmals erwähnt. Und der Nürnberger Christkindlesmarkt lässt sich bis Mitte des 16. Jahrhunderts zurückverfolgen.
Entstanden seien Weihnachtsmärkte vor allem in protestantischen Städten, berichtet der Regensburger Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder. In katholischen Gegenden habe man bis weit in das 20. Jahrhundert hinein kaum Speisen anbieten können, weil der Advent als Zeit des Fastens begangen wurde.
“Die Vermassung des Weihnachtsmarktes beginnt erst in den 1960er Jahren”, sagt der Wissenschaftler. Den aktuellen Erfolg erklärt er damit, dass die Menschen auch im Zeitalter des Individualismus nach Gemeinschaft suchten. Zudem vermittele der Weihnachtsmarkt das Gefühl, in eine romantische Welt einzutauchen, die mit positiven Kindheitserinnerungen verbunden ist, mit Gemütlichkeit, Gerüchen und Geräuschen.
Allerdings: In den vergangenen Jahren beobachtet Hirschfelder eine neue Entwicklung. Weihnachtsmärkte werden lauter, bunter und globalisierter. Aus dem Nikolaus wird der Weihnachtsmann, das russische Väterchen Frost oder gleich ein gemütlicher Bär mit Zipfelmütze. Christliche Symbole werden verdrängt. “Die heutige Dekoration ist eine Mischung aus Fantasyroman, Ikea und Landlust”, sagt Hirschfelder.