Die Bluse, die zu schnell Schweißflecken offenbart, oder die Jeans, die schon lange zu eng ist: In vielen Kleiderschränken hängen Klamotten, die nicht mehr getragen werden. Wer sich davon trennt, kann die Kleidung etwa spenden oder auch verkaufen.
Der Handel mit Second-Hand-Mode liegt in Deutschland im Trend: Private Haushalte nahmen im vergangenen Jahr im Schnitt 35 Euro pro Monat durch den Verkauf von getragener Kleidung ein. Das sind 8 Euro mehr als noch 2016, wie aus einer Auswertung des Statistische Bundesamts hervorgeht. Vertrieben werde die Kleidung größtenteils über das Internet.
Schnell zum Altkleider-Container
Neben Online-Marktplätzen wie Ebay haben sich mittlerweile auch etliche Portale wie Vinted auf die Secondhand-Fashion-Community eingestellt. Über eine App auf dem Smartphone wird die frühere Lieblingsjacke mit nur wenigen Klicks Millionen Nutzerinnen und Nutzern zum Kauf vorgeschlagen.
Wem das allerdings zu viel Arbeit ist, bleibt immer noch der Weg über Altkleider-Container. Für all die alten Hosen und Pullover beginnt dann eine lange Reise: Sie werden von gemeinnützigen Organisationen, kommunalen Entsorgern und gewerblichen Firmen abgeholt und teilweise auch sortiert. Weil dieser Prozess jedoch relativ aufwendig ist, wird die Kleidung oftmals exportiert. Sie geht dann vornehmlich nach Polen und in die Niederlande – und von dort aus nach Afrika.
Der Fashion-Kreislauf ist längst bekannt: Neue Kleidung wird meist in Südostasien produziert, im Globalen Norden konsumiert und als Second-Hand-Ware in den Globalen Süden exportiert.

Wie dieser umstrittene Handel funktioniert, hat der Dachverband FairWertung, ein bundesweites Netzwerk aus gemeinnützigen Altkleider-Sammlungen, jüngst in einem Bericht vorgestellt. Denn immer wieder werden Vorwürfe laut, dass nahezu die Hälfte der verschifften Ware unbrauchbar ist oder kaputte Kleidung gar vorsätzlich nach Afrika ausgeführt wird. Daher steht auch die Frage im Raum, inwiefern der Handel mit gebrauchter Kleidung das Müllproblem in Staaten wie Ghana befeuert.
Pro Woche kommen dort rund 110 Container mit Second-Hand-Kleidung an. Die Artikel werden dann an andere afrikanische Staaten weiterverkauft, auf Märkten, in Läden oder durch fliegende Händler vertrieben. “Gebrauchttextilien sind in Ghana allgegenwärtig, decken die Grundversorgung mit Bekleidung und bieten zahlreichen Menschen ein Einkommen”, sagt Kulturanthropologin Ann-Kristin Reinkenhoff von FairWertung. Der Handel mit der Kleidung sei damit ein wichtiger Beschäftigungssektor.
Kontrollen per Hand
Dass kaputte Textilien vorsätzlich oder gar massenhaft von den europäischen Sammelstellen exportiert werden, konnte FairWertung jedoch nicht beobachten. Das sei auch deshalb kein lohnenswertes Geschäft, weil die Händler vor Ort nicht für Abfall zahlten und die Fracht- sowie Zollkosten für die Exporteure sehr hoch seien. Inwiefern die Qualität der Ware vor der Abnahme jedoch geprüft werden kann, ist fraglich.
Für FairWertung ist es deshalb umso wichtiger, dass die Kleidung mittels sogenannter Vollsortierung vor dem Export gesichtet wird. Das kostenintensive Verfahren umfasse auch Kontrollen per Hand. Auf diese Weise solle vermieden werden, dass textile Abfälle die EU überhaupt erst verlassen oder klimatisch ungeeignete Kleidung wie Skianzüge in Ghana landen.
Mehr politische Regeln gefordert
Dem Vorwurf, dass der Handel mit Second-Hand-Ware die lokale Textilindustrie zunichtemache, weist die Organisation zurück. Es gebe in Ghana keine Bekleidungsindustrie, die die heimische Bevölkerung versorgen könnte. Vielmehr stelle das Land Überlegungen an, zu einem “Textil-Recycling-Hub” zu werden, heißt es bei FairWertung unter Berufung auf ghanaische Politiker.