Deutschlands neues Tier des Jahres ist der Alpenschneehase. Wie der Name schon andeutet, kommt er in der Bundesrepublik bloß in Bayern vor. Dort machen ihm verschiedene Entwicklungen zu schaffen.
Seine Sichtung ist für Naturfreunde hierzulande fast so etwas wie ein Diamantenfund: Der Alpenschnee gilt in Deutschland als extrem selten. Er kommt in der Bundesrepublik überhaupt nur in einem Gebiet vor, in den bayerischen Alpen ab etwa 1.300 Metern Höhe. Doch sein Überleben dort scheint ungewiss. Deshalb hat die Deutsche Wildtier-Stiftung aus Hamburg den Säuger mit dem wissenschaftlichen Namen Lepus timidus varronis am Montag zum Tier des Jahres 2025 ausgerufen.
Der Stiftung zufolge ist es vor allem der Klimawandel, der dem Alpenschneehasen – einem Eiszeitrelikt – in Bayern langfristig den Garaus machen könnte. “Schneehasen sind perfekt an das alpine Klima angepasst. Mit zunehmender Erwärmung und veränderten Schneebedingungen wird es für sie aber eng. Fellwechsel und Schneefälle passen gerade in niederen Lagen nicht mehr zusammen.” Die im Sommer gräulich gefärbten Hasen seien schon weiß, wenn noch kein Schnee liege, und noch weiß, wenn der Schnee wieder geschmolzen sei. Für Fressfeinde wie Fuchs und Adler sitze der Hase so auf dem Präsentierteller.
Auch ein Verwandter macht dem Alpenschneehasen zu schaffen: der Feldhase. Dieser ist mit einer Länge von an die 70 Zentimetern und einem Gewicht von rund fünf Kilogramm größer und schwerer als der Schneehase, der es auf knapp 60 Zentimeter und zwei bis drei Kilo bringt. Auch im Sommer lassen sich beide Arten unterscheiden, nämlich über die Blume, also den Schwanz: Beim Schneehasen ist die Blume komplett weiß, beim Feldhasen auf der Oberseite schwarz gefärbt.
Nun dringt der Feldhase klimawandelbedingt in immer höhere Lagen vor. “Feldhasen sind aufgrund ihrer Größe nicht nur Konkurrenten, die Schneehasen in ungeeignetere Nahrungsplätze verdrängen, sondern sie verpaaren sich auch mit ihren weißen Verwandten”, erklärt die Wildtier-Stiftung. “Diese Hybride werden im Alpenraum immer häufiger. Für den Schneehasen wird es also eng.”
Der Wintersport ist eine weitere Bedrohung: “Mit dem Ausbau der Skigebiete und dem Trendsport Tourenski werden beruhigte alpine Bereiche, die der Schneehase bevorzugt, immer kleiner”, heißt es. Schneehasen mieden Skigebiete und schütteten in deren Nähe verstärkt Stresshormone aus. “Diese wiederum können langfristig auf Kosten des Immunsystems oder der Kondition gehen und somit die Überlebenschancen verringern.”
Mit den natürlichen Härten in seinem Lebensraum weiß das Tier indes gut umzugehen. “Bei hohen Schneelagen lässt sich der Schneehase gern einschneien oder gräbt sich kleine Höhlen in den Schnee”, informiert die Wildtier-Stiftung. “Auf diese Weise nutzt er die dämmenden Eigenschaften des Schnees, nur ein kleiner Luftschacht wird für die Sauerstoffversorgung offen gehalten.”
Typisch für Säugetiere in kalten Lebensräumen sind die im Vergleich zu verwandten Arten wärmerer Gegenden kleinen Extremitäten. Auch beim Schneehasen sind Kopf, Ohren, Beine und Blume relativ kurz entwickelt. “Hier geht es darum, Energie zu sparen und keine Erfrierungen zu riskieren – da baut man lieber ein wenig kompakter”, erklärt der Verein “Wildes Bayern”. Er nennt eine weitere Anpassung: “Um besonders gut auf Schneeflächen laufen zu können, haben Schneehasen haarigere und auffallend größere Pfoten als Feldhasen. Sie können ihre Zehen bei Bedarf zu ‘Schneeschuhen’ ausbreiten.”
Ob Schnee- oder Feldhase – Meister Lampe hat in der Kulturgeschichte einen festen Platz. Darauf verweist schon dieser Fabelname, schließlich taucht das Tier in zahlreichen Geschichten auf, etwa in der vom Hasen und vom Igel. Der Name Hase wiederum bedeutet dem althochdeutschen Ursprung “haso” nach “der Graue”. Laut Duden handelt es sich dabei wohl um ein altes Tabuwort, also einen verhüllenden Ausdruck für einen zu meidenden Begriff wie “Teufel”.
Insofern hat das Langohr eine schöne Karriere gemacht, heute ist es schließlich als Osterhase in aller Munde. Zu dessen Herkunft gibt es verschiedene Erklärungen: Zum einen gilt er als Symbol der Fruchtbarkeit, zum anderen als Frühlingsbote. An anderer Stelle heißt es, der Hase habe keine Augenlider und schlafe daher mit offenen Augen, was auf Jesus hindeute, der im Tode nicht entschlafen sei.
Apropos Schlaf: Der Alpenschneehase hält jetzt im Winter anders als etwa das Murmeltier keine besondere Ruhe in einem Versteck. Sonst wäre die namensgebende Tarnfärbung ja auch überflüssig.