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Debatten-Marathon im Fernsehen

Mit der „Schlussrunde“ bei ARD und ZDF ist am späten Donnerstagabend kurz vor der Bundestagswahl am Sonntag ein umfangreicher Debatten-Marathon im deutschen Fernsehen zu Ende gegangen. Zwar steht für die immer noch unentschlossenen Wählerinnen und Wähler noch ein „Bürger-Speed-Dating“ am Samstag bei ProSieben und Sat.1 aus, bei dem sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie die beiden Kanzlerkandidaten Robert Habeck (Grüne) und Alice Weidel (AfD) den Fragen des Publikums stellen. Doch dass die Show aus terminlichen Gründen ohne den laut Umfragen aussichtsreichsten Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU) auskommen muss, zeigt auch, dass die Argumente der Parteien nun ausgetauscht sein dürften.

Das „Speed-Dating“ war nicht das einzige der sogenannten Townhall-Formate. Schon bei „Klartext“ am 13. Februar im ZDF und in der „Wahlarena“ am 17. Februar im Ersten hatten Scholz, Merz, Weidel und Habeck die Möglichkeit, im direkten Austausch mit dem Publikum für ihre Partei um Stimmen zu werben. Hinzu kamen noch das „Quadrell“ bei RTL und NTV – das erste seiner Art – sowie je ein klassisches TV-Duell zwischen dem Noch-Bundeskanzler Scholz und dem vielleicht zukünftigen Bundeskanzler Merz bei den Öffentlich-Rechtlichen und Welt TV.

Wer sich als gewissenhafter Wähler und Zuschauer auch noch mit den anderen in den Umfragewerten abgebildeten Parteien beschäftigen wollte, konnte das unter anderem beim „Schlagabtausch“ am 6. Februar im ZDF tun. Die Sendung mit Alexander Dobrindt (CSU), Christian Lindner (FDP), Jan van Aken (Linke), Sahra Wagenknecht (BSW), Felix Banaszak (Grüne) und Tino Chrupalla (AfD) sorgte für den größten Aufreger, weil dem ZDF anschließend vorgeworfen wurde, das Publikum sei gecastet worden.

Ausschlaggebend war, dass in der Sendung häufig dann Applaus zu hören war, wenn Links oder Grün zu Wort kamen. Vor der Show waren nach Angaben des ZDF verschiedene Berliner Institutionen kontaktiert worden. Das sei ein übliches Verfahren, hatte der Sender mitgeteilt. Eine veröffentlichte Liste der kontaktierten Institutionen enthielt jedoch irrtümlich auch die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und den Verein Demographie Netzwerk. Später korrigierte das ZDF seine Angaben und erklärte, dass diese Institutionen nicht angeschrieben worden seien. Zur Publikumsauswahl erreichten den ZDF-Fernsehrat mehr als 120 Eingaben.

ARD und ZDF waren in der Folge auf erhöhte Transparenz bedacht. Das führte sogar dazu, dass bei einer Frage zum Klimaschutz im Wahlforum „Klartext“ von der Moderation darauf hingewiesen wurde, dass der Fragesteller bei „Fridays for Future“ aktiv war.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) war bis vor das Bundesverfassungsgericht gezogen, um zu erreichen, dass die Namensgeberin der jungen Partei zur „Wahlarena“ eingeladen würde. Die Karlsruher Richter nahmen die Beschwerde jedoch nicht an. Wagenknecht war dafür jedoch beim „Schlagabtausch“ im ZDF, im „Vierkampf“-Sonderformat von „Hart aber fair“ (ARD) und in der „Schlussrunde“ beider Sender zu Gast.

Das Interesse der Zuschauer ließ bei den vielen Sendungen nicht nach. Allein das Duell zwischen Scholz und Merz sahen am 9. Februar 12,26 Millionen Menschen im Ersten und im ZDF, der Marktanteil lag bei 41,2 Prozent. Beim „Quadrell“ schalteten im Schnitt 8,26 Millionen Zuschauer RTL und NTV ein, das entsprach einem Marktanteil von 27,6 Prozent. Die „Wahlarena“ im Ersten hatte 5,06 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer (Marktanteil: 23,6 Prozent), das ZDF-Wahlforum „Klartext“ versammelte 5,14 Millionen Menschen vor dem Fernseher (Marktanteil: 19,9 Prozent). Das finale TV-Duell von Scholz und Merz bei Welt TV verfolgten im Schnitt 660.000 Zuschauer (Marktanteil: 2,7 Prozent) und zur „Schlussrunde“ schalteten 5,28 Millionen Menschen ein (Marktanteil: 31 Prozent).

So lohnte sich der Debatten-Marathon für die Sender allemal. Wie die kommenden vier Jahre bundesdeutscher Politik aussehen könnten, blieb jedoch nebulös. Denn neben dem Über-Thema Migration und der einvernehmlichen Meinung, dass die Wirtschaft in Deutschland wieder wachsen muss, fanden andere Themen wie Klimaschutz, Mieten, Niedriglöhne und konkrete Vorhaben zur Sicherung der Rente nur wenig Widerhall.

Zumindest die bei den Landtagswahlen im vergangenen Jahr noch virulente Frage, ob die Medien die AfD zum Gespräch laden müssten, scheint aber beantwortet. Diese Debatte wurde nach dem Anschlag in Aschaffenburg und der gemeinsamen Abstimmung von Union, FDP und AfD im Bundestag nicht mehr geführt.