Rund um die gerade begonnene Weltsynode im Vatikan versuchen katholische Reformgruppen, den Druck für Veränderungen zu verstärken. Die Rolle der Frau hat das Zeug zum Dauerbrenner der bis 27. Oktober laufenden Versammlung.
Die Initiative Wir sind Kirche International, ein weltweiter Zusammenschluss nationaler Kirchenreformgruppen, hat die seit Mittwoch laufende katholische Weltsynode zu mutigen Reformen in der Kirche aufgerufen. Männer und Frauen aus allen Kontinenten forderten am Donnerstag vor Journalisten in Rom vor allem die vollständige Gleichstellung von Frauen. Praktisch zur gleichen Zeit nahmen Verantwortliche der Synode dazu Stellung. Für Aufsehen hatte am Mittwochabend die Ankündigung eines Vatikan-Dokuments zur Rolle der Frau gesorgt.
Der Theologe Martin Schockenhoff aus Deutschland sagte bei der Pressekonferenz der Reformgruppen, die dringendsten Anliegen aus Sicht der europäischen Gläubigen seien die Zulassung von Frauen zu Ämtern und die Gleichstellung von Laien bei der Entscheidungsfindung. “Wenn dies nicht bald geschieht, wird die Kirche in Europa an Glaubwürdigkeit und Mitgliedern verlieren.”
Die US-Amerikanerin Kate McElwee erklärte: “Während viele versucht haben, das Gespräch über die Frauenordination zum Schweigen zu bringen, unsere Arbeit als ‘Lobbyarbeit’ abzutun oder die globale Unterscheidung in den Schatten des Dikasteriums für die Glaubenslehre zu verbannen, sind wir entschlossen, sichtbar, kreativ und mutig zu sein.” Es stehe einfach zu viel auf dem Spiel, so die Geschäftsführerin der Women’s Ordination Conference, die sich für die Weihe von Frauen zu Diakoninnen, Priesterinnen und Bischöfinnen einsetzt.
Virginia Saldanha, die die Kommission für Frauen der Indischen Bischofskonferenz leitete, zeigte sich enttäuscht, dass das Thema Inklusion von Frauen bei der Weltsynode erneut “vom Tisch genommen und an eine Kommission übergeben wurde”. Frauen hätten nun “wenig oder keine Hoffnung” auf echte Veränderungen. Das Modell der Kirche nach Jesus schließe aber alle ein.
Die Theologin Philomena Mwaura aus Kenia betonte mit Blick auf die Themen der Weltsynode, sie halte für die Kirche in Afrika die theologische Ausbildung von Laien in allen Aspekten des Glaubens für wichtig. Kevin Liston, Co-Voristzender der Australasian Catholic Coalition For Church Reform, würdigte die Weltsynode als “bedeutenden Fortschritt im kirchlichen Denken”. Andererseits verpasse die Synode, die 2021 von Papst Franziskus begonnen wurde, zahlreiche Gelegenheiten, ihre Position und Agenda zu aktualisieren.
Der Chef der vatikanischen Glaubensbehörde, Kardinal Victor Fernandez, hatte bei der Eröffnung der Weltsynode am Mittwoch ein lehramtliches Dokument zur Rolle der Frau in der Kirche angekündigt. In dem Bericht über die Arbeit einer vom Papst eingesetzten Studiengruppe zu diesem Thema sagte er im Vatikan vor rund 350 Synodenteilnehmern, das Glaubensdikasterium habe beschlossen, ein Dokument zu dieser Frage zu verfassen.
Fernandez betonte, seine Behörde glaube derzeit nicht, dass es einen positiven Beschluss zum Diakonat der Frau geben werde. Die Frage werde aber mit Blick auf das künftige Dokument ein Gegenstand der Untersuchung sein.
Der Sondersekretär der Synodenversammlung, Giacomo Costa, erklärte am Donnerstagnachmittag vor Journalisten, die Frage einer Diakonenweihe für Frauen sei noch nicht vom Tisch, sondern werde weiter untersucht. “Mir scheint, dass der Präfekt klar die Perspektive aufgezeigt hat, indem er sagte, dass es noch nicht die Zeit für eine Entscheidung ist”, so der Jesuitenpater. “Die Angelegenheit muss weiter vertieft werden.” Ebenso warb er für die Bedeutung der zehn Studiengruppen, die als “Labore des synodalen Lebens” Teil der Versammlung seien. Ebenso sollten sie sicherstellen, dass das synodale Arbeiten auch nach Abschluss der Weltsynode weitergehe. Jedes Mitglied der Kirche, ob geweiht oder nicht, könne den Gruppen bis Juni 2025 Vorschläge und Überlegungen zukommen lassen, sagte Costa.