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Debatte über stärkeren Schutz von Politikern hält an

Die Debatte über die jüngsten Angriffe auf Politiker und Wahlkämpfer reißt nicht ab. Der frühere Bundestagspräsident Thierse sieht ein falsches Verständnis von Selbstbestimmung als Grund für die zunehmende Gewalt.

Nach den Angriffen auf Politiker und Wahlkampfhelfer hält die Debatte über entschlossene Schutzmaßnahmen an. Der zu beobachtenden Eskalation von Bedrohungen und Gewalt müsse sich der Rechtsstaat entschieden entgegenstellen, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) der “Welt am Sonntag”. Die Einschüchterungsversuche richteten sich gegen Vertreter aller Parteien. “Auch die Attacken auf AfD-Vertreter sind scharf zu verurteilen.”

Faeser begrüßte es, “dass Schutzkonzepte der Polizei vielerorts hochgefahren, Streifen verstärkt und feste Ansprechstellen für bedrohte Kommunalpolitiker und Ehrenamtliche eingerichtet wurden”. Der Bund werde mit der Bundespolizei die Länder an anderen Stellen weiter stark entlasten, etwa bei großen Demonstrationen, Fußballspielen und anderen Lagen.

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt forderte die FDP auf, die Blockade des Demokratiefördergesetzes zu beenden. “Diejenigen, die sich engagieren, sollten für die Demokratie arbeiten können, ohne mit Finanzsorgen belastet zu sein”, erklärte die Grünen-Politikerin in Berlin. Die geplante Regelung soll zivilgesellschaftlichen Projekten der Demokratieförderung und der Extremismusprävention mehr finanzielle Planungssicherheit geben. Der Gesetzentwurf war bereits Ende 2022 vom Bundeskabinett beschlossen und im Frühjahr vergangenen Jahres in den Bundestag eingebracht worden. Seitdem liegt das Projekt auf Eis. Die FDP verlangt eine Extremismusklausel, um eine Förderung linksradikaler Initiativen auszuschließen.

Der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sieht ein falsches Verständnis von Selbstbestimmung als Grund für die zunehmende Gewalt. “Selbstbestimmung ist zu einem reinen Ausdruck von Egoismus verkommen. Was ich will, ist entscheidend. Und der Staat und die Politik haben gefälligst zu leisten, was ich von ihnen erwarte”, sagte der SPD-Politiker dem Nachrichtenportal t-online. “Das ist ein Missverständnis von Demokratie.”

Mit Blick auf den Vorschlag der Innenminister von Bund und Ländern, zum Schutz von Politikern eine Verschärfung des Strafrechts zu prüfen, mahnte Thierse zu Vorsicht: “Es kommt darauf an, wie man einen solchen Straftatbestand formuliert. Es soll ja nicht der Eindruck entstehen, dass hier Sonderrechte für Politiker geschaffen werden.”