„Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren, in einer lauen Sommernacht.“ Beim Schreiben dieser Zeilen habe ich sofort dieses alte Lied aus dem Jahr 1925 im Ohr. Und es stimmt auch. Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren. Aber nicht an eine Frau, sondern an die Stadt am Neckar. Vier Jahre hab ich dort gelebt, und es zieht mich immer wieder hin.
Die Altstadt ist so schön, dass es fast kitschig ist. Das liegt unter anderem daran, dass Heidelberg im Zweiten Weltkrieg von Bombenangriffen verschont blieb. Darum ranken sich verschiedene Gerüchte. Die Amerikaner sollen Flugblätter über der Stadt abgeworfen haben, auf denen es hieß: „Heidelberg werden wir schonen, denn da wollen wir wohnen.“
Unzählige historische Gebäude in der Altstadt
Angeblich war die Stadt am Neckar schon früh als Hauptquartier der US-Streitkräfte in Deutschland ins Auge gefasst worden. Belegt ist das nicht. Ebenso wenig wie die Behauptung, Heidelberg sei als „unverfälschtes Testgebiet“ für den Abwurf der ersten Atombombe vorgesehen gewesen. Historiker sind heute eher der Meinung, der Ort sei für eine Bombardierung schlicht nicht wichtig genug gewesen.
Und so besteht die Altstadt tatsächlich aus unzähligen historischen Gebäuden. Das bekannteste und älteste ist vermutlich das „Hotel Ritter“, das vor fast 430 Jahren erbaut wurde. Es liegt direkt an der Fußgängerzone, die 1,6 Kilometer lang und damit die längste in ganz Europa ist. Natürlich sind hier Filialen vieler bekannter Ladenketten zu finden, aber es gibt auch kleine originelle, lokale Geschäfte.
Was sich unbedingt lohnt: Jenseits der Touristenströme links und rechts von der Fußgängerzone durch verwinkelte Gassen zu schlendern. Hier ist es ruhiger und urtümlicher. Kirchen aller Konfessionen sind zu entdecken, Kneipen, Cafés und der Karzer der Universität. Er diente in früheren Zeiten als Gefängnis für Studenten, irgendwann wurde das Absitzen der Haftstrafen aber offensichtlich zum Vergnügen. Die Wände sind immer noch mit den Namen der Studenten und den Abzeichen ihrer Verbindungen gesäumt.
Heute ist der Karzer Teil des Museums zur Geschichte der Ruprecht-Karls-Universität, die im Jahr 1386 auf Weisung von Papst Urban VI. vom pfälzischen Kurfürsten Ruprecht I. gegründet wurde. Sie ist damit die älteste Universität in Deutschland.
Derzeit sind 30 000 der 160 000 Einwohnerinnen und Einwohner Heidelbergs Studierende. Sie prägen Stadtbild und Kultur und tragen dazu bei, dass sich Geschichte und Moderne hier auf faszinierende Weise begegnen.
208 Stufen auf den Turm der Heiliggeistkirche
Das vielleicht markanteste Gebäude in der Altstadt ist die evangelische Heiliggeistkirche. Sie stammt aus dem 14. Jahrhundert und gehört zu den bedeutendsten Kirchen der Stadt. Wer eine kleine Spende hinterlässt, kann die 208 Stufen nehmen, um den Kirchturm zu besteigen. Die Aussichtsplattform bietet eine wunderbare Sicht auf die Altstadt, den Neckar und das Heidelberger Schloss.
Die Empfehlung, danach den Schlossberg zu erklimmen, ist wahrlich kein Geheimtipp. Aber es lohnt sich dennoch – entweder mit der Bergbahn oder über eine lange, alte Treppe. Diesmal sind es 400 Stufen, die zu dem historischen Bauwerk führen, das über der Stadt thront.
Erbaut wurde es im 13. Jahrhundert, 300 Jahre später schwer zerstört und nur teilweise restauriert. Schloss- und Schlossgarten sowie das legendäre „große Fass“ und das Apothekenmuseum sind einen Besuch wert. Insbesondere am Vormittag oder gegen Abend. Da ist es ruhiger und die besondere Stimmung dort wirkt umso mehr.
Sehenswert ist auch der Ottheinrichsbau, einer der Palastbauten des Schlosses. Er gehört zu den bedeutendsten deutschen Bauwerken der Renaissance. Belohnt wird der Aufstieg mit einem beeindruckenden Blick auf Heidelberg und das Neckartal. Einen Abend in der Altstadt kann man in einem Restaurant, einem Brauhaus oder mit einem Bummel über die Alte Brücke ausklingen lassen.
Rund um die Innenstadt gibt es in Heidelberg noch einiges zu entdecken, etwa den Botanischen Garten, den Philosophenweg oder den Königsstuhl. Auf 578 Metern findet man hier eine Falknerei, einen Märchenpark und vor allem: Ruhe. Ein schöner Ort, um dem Treiben in der Altstadt zu entkommen.
Ebenso lohnt sich ein Ausflug zu den Neckarwiesen und dem angrenzenden Stadtteil Neuenheim. Dort gibt es Tretboote, Spielplätze, kleine Geschäfte und einen urigen Wochenmarkt. Historisch Interessierte sollten sich die Thingstätte auf dem Heiligenberg ansehen. Sie ist eine Art Amphitheater mit 8000 Sitzplätzen mitten im Wald und wurde während der NS-Zeit von Zwangsarbeitern erbaut. 1935 eröffnete Joseph Goebbels die Thingstätte, die den Propagandaveranstaltungen eine Bühne bieten sollte. Doch schon bald erlosch das Interesse an dieser „Kultstätte des nationalsozialistischen Glaubens“.
Heute steht der Ort unter Denkmalschutz und ist weitgehend ungenutzt, aber einen Besuch wert; zumal gleich nebenan Klosterruinen aus verschiedenen Epochen und sogar Überreste eines keltischen Ringwalls aus dem vierten Jahrhundert vor Christus zu entdecken sind.