Wir wissen, wie Umweltschutz funktioniert. Wir verzichten auf Plastiktüten und trennen unseren Abfall. Wenn es die Umstände erlauben, fahren viele mit dem Rad zur Arbeit oder zum Sonntagsgottesdienst. Bei der Urlaubsplanung hört die Nachhaltigkeit jedoch oft auf. „Diese Reise habe ich mir verdient“, denken wir, oder: „Fliegen ist günstiger und schneller als Bahn zu fahren.“ Das hat Konsequenzen für die Umwelt.
Wer fliegt, trägt in erheblichem Maße zum Klimawandel bei. Mehreren Schätzungen zufolge trägt die Luftfahrt etwas mehr als zwei Prozent zu den globalen CO2-Emissionen bei. Auch Luftfahrtemissionen wie Stickoxid, Wasserdampf, Feinstaub, Kondensstreifen und Veränderungen in Zirruswolken haben einen zusätzlichen Erwärmungseffekt, sagt der Schwede Stefan Gössling, Professor für nachhaltigen Tourismus und nachhaltige Mobilität an der Universität Lund in Schweden, in einem Interview mit dem Radiosender „Deutsche Welle“. Er schätzt den gesamten Beitrag der Luftfahrtbranche zum Klimawandel auf mindestens fünf Prozent.
Für verantwortliches Reisen sensibilisieren
Das ist eine drastische Erkenntnis. Noch fataler erscheint sie in dem Wissen, dass nach Angaben von „Tourism Watch“ nur rund fünf bis zehn Prozent der Weltbevölkerung je in einem Flugzeug gesessen hat. „Tourism Watch“ ist ein Informationsdienst, der über Ferntourismus informiert und für ein verantwortliches Reisen sensibilisieren möchte. Er gehört zu „Brot für die Welt“.
„Tourism Watch“ blickt dabei hinter die touristischen Kulissen: Unter den Folgen des Klimawandels und Massentourismus leiden vor allem die Menschen in weniger privilegierten Regionen der Welt, im globalen Süden. Umweltkatastrophen wie Dürren, Wirbelstürme und Fluten nehmen dort zu. Um den Konsumdrang der Touristen zu bedienen, arbeiten Menschen unter teils kritischen Bedingungen.
Die gute Nachricht ist: Wir können mit anderem Verhalten etwas daran ändern. Der Verhaltenswandel hat nichts mit Entbehrung und Verzicht zu tun. Vielmehr liegt es an uns, umzudenken und uns neuen Möglichkeiten zu öffnen. Wer sich Zeit nimmt, reist nachhaltiger und achtsamer. Anstatt für zwei Wochen um den halben Globus zu fliegen, stellen sich immer mehr Reisende die Frage: Können unsere Urlaubsbedürfnisse auch in der Nähe erfüllt werden? Auf Rügen ist es im Sommer schön. Bergwandern kann man auch bei uns. Und für einen Wellness-Ausflug muss man nicht weit fahren.
Für den Transport im Auto gilt: Je mehr Menschen im Auto sitzen, desto effizienter. Für die Sommerzeit ist auch eine komplett emissionsfreie Reise zu Fuß oder per Rad eine Option. Für wen das keine Möglichkeit ist, der ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gut bedient. Wer seinen Urlaub rechtzeitig plant, kann von Sparangeboten profitieren. Selbst für Reisen ins europäische Ausland ist die Bahn, gerade für Familien mit Kindern, eine angenehme Option. Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht lang sitzen kann, kann im Zug entspannt die Beine ausstrecken.
Soll es, aus welchen Gründen auch immer, doch eine Fernreise sein, gilt: Je länger man im Urlaubsland bleibt, desto eher lohnt sich der Langstreckenflug und desto mehr Kapazität ist auch da, um Land und Leute abseits des Massentourismus kennenzulernen und die lokale Wirtschaft zu unterstützen.
Organisationen wie die Klima-Kollekte gGmbH berechnen die verursachten Treibhausgase einer Reise. Entsprechend der Menge kann eine CO2-Kompensationszahlung geleistet werden, die als Spende in Umweltschutzprojekte und die Entwicklungszusammenarbeit im globalen Süden fließen.
Zum nachhaltigen Reisen gehört aber mehr, als Flüge zu vermeiden. Nachhaltig zu reisen bedeutet, achtsam mit der Schöpfung auch abseits der Heimatregion umzugehen. Abfall ordnungsgemäß zu entsorgen anstatt ihn in die Natur zu werfen, sollte selbstverständlich sein. Bares Geld und Plastikmüll können wir sparen, indem wir mit einer wiederauffüllbaren Wasserflasche reisen, anstatt täglich neue PET-Flaschen zu kaufen. In fast allen europäischen Ländern ist das Leitungswasser trinkbar.
Weitere Pluspunkte für nachhaltiges Reisen gibt es für alle, die sich vorab mit Sprache und Kultur der Zielregion beschäftigen. Welche regionalen Besonderheiten gibt es? Welche Sehenswürdigkeiten können wir besuchen? Was sind typische Gerichte? Wie sage ich „Hallo“, „Danke“ und „Auf Wiedersehen“? Wer sich gut verständigen kann, kommt eher mit Einheimischen in Kontakt.
Im Urlaubsort die lokale Wirtschaft unterstützen
Einen guten Einstieg in den Kontakt zur lokalen Bevölkerung kann bereits die Auswahl der Unterkunft bieten. Eine Pension etwa wird meist von Einheimischen betrieben. Bettenbunker in Hotelketten unterstützen nur sekundär die Lokalbevölkerung und primär große Betreiber.
„Das Gute liegt so nah“ gilt zudem nicht nur für die Wahl des Reiseziels, sondern auch für Aktivitäten im Urlaubsort. Es gilt, mit unserer Kaufkraft die lokale Wirtschaft zu unterstützen. Souvenirs wie regionale Spezialitäten oder Handarbeiten haben einen größeren Mehrwert als austauschbare Massenware aus China.
Nachhaltig zu reisen ist einfach. Jede und jeder von uns hat unterschiedliche Ressourcen und eine andere Ausgangssituation. Was uns verbindet, ist unsere Verantwortung Gottes Schöpfung gegenüber. Die Verantwortung ist groß, doch sie wiegt nicht schwer. Sie darf Spaß machen. Denn eine Wanderung durch die Lüneburger Heide oder ein Bad an der Mecklenburgischen Seenplatte sind ein Vergnügen. Mit gutem Gewissen entspannt es sich gleich noch besser.
• Laura Konieczny arbeitet als Nachhaltigkeitsberaterin und Referentin für interkulturelle Bildung in Berlin. Weitere Informationen: www.zerowasteyourlife.de; www.tourism-watch.de.