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Dankvergessen

Über den Predigttext für den 14. Sonntag nach Trinitatis: Lukas 17, 11-19

Predigttext am 14. Sonntag nach Trinitatis: Lukas 17, 11-19
(…) 12 Und als er in ein Dorf kam, begegneten ihm zehn aussätzige Männer; die (…) erhoben ihre Stimme und sprachen: Jesus, lieber Meister, erbarme dich unser! 14 Und als er sie sah, sprach er zu ihnen: Geht hin und zeigt euch den Priestern! Und es geschah, als sie hingingen, da wurden sie rein. 15 Einer aber unter ihnen, (…) kehrte um und pries Gott mit lauter Stimme 16 und fiel nieder auf sein Angesicht zu Jesu Füßen und dankte ihm. Und das war ein Samariter. 17 Jesus aber antwortete und sprach: (…) 18 Hat sich sonst keiner gefunden, der wieder umkehrte, um Gott die Ehre zu geben, als nur dieser Fremde? 19 Und er sprach zu ihm: Steh auf, geh hin; dein Glaube hat dir geholfen. (in Auswahl)

Und, was jetzt?“ Kaum, ist das Eis aufgegessen, soll schon das nächste kommen.  – Ferienalltag mit Kindern: Eine Attraktion nach der anderen. Schnell kann es hektisch werden und die Aufmerksamkeit für den Augenblick kommt abhanden.

Auf dem Weg nach Jerusalem begegnete Jesus zehn Männern, die sich abgesondert hatten: Sie lebten mit Aussatz. Fernab vom Dorf mussten sie sich aufhalten und hatten keinen Kontakt, weder zum Priester noch zu den eigenen Familien. Die Männer sahen Jesus und riefen: „Jesus, lieber Meister, erbarme dich unser!“ Jesus hört sie und geht auf sie zu, weiß, was jetzt angesagt ist, und zeigt ihnen den Weg auf, wie sie heil werden können.  Und alle werden geheilt.

Aufmerksamkeit kommt abhanden

„Und, was jetzt?“ –  Der Evangelist Lukas berichtet nur von einem  Mann, einem Samaritaner. Er kommt zurück,  dankt und preist Gott. Jesus fragt nach den anderen – keiner weiß  etwas Genaues. Scheinbar stand für die neun Männer schon das Nächste auf dem Plan – kein Blick zurück, kein Dank, kein gemeinsames Erinnern. So wendet Jesus sich dem Samaritaner zu: „Steh auf, geh hin; dein Glaube hat dir geholfen.“ Dankbar und sicher ist der Samaritaner gewiss aufgestanden und geht befreit weiter.
Gegen allen vorschnellen Aktivismus, gegen alles Getaktet-Sein, gegen die enge Abfolge von einem Highlight zum nächsten  weist der Mann aus Samarien darauf hin, dass das Nächstliegende, der Dank, das Erinnern, der Lobpreis, das Erzählen vom Erfahrenen ist, danach folgen die nächste Schritte.
„Und, was jetzt?“ – das ist meine Frage, so Sarojini Nadar, Theologieprofessorin an der Universität von KwaZuluNatal in Südafrika, am Ende jeder Vorlesung. Studierende und Lehrende werden herausgefordert, immer einen Schritt weiterzugehen: Gehörtes, Angedachtes, Erfahrenes mit dem eigenen Lebensalltag, mit den Herausforderungen in der Gesellschaft, mit dem, was als nächstes ansteht  zu verbinden, dankend weiterzutragen, zu transformieren, so dass es Relevanz gewinnt im Alltag. Es ist immer  eine akademische, spirituelle und praktische Übung zugleich. Es geht darum, Gottes Tat, Gottes Wirken im Hier und Jetzt zu erfahren, zu loben und zu fragen, ‚was nun‘, welche Entscheidungen und nächsten Schritte sind angemessen.
Der 14. Sonntag nach Trinitatis ist seit der ersten ökumenischen Dekade zur gerechten Gemeinschaft von Frauen und Männern in der Kirche der Sonntag, wo die Themen Gendergerechtigkeit, das Wahrnehmen von Frauen- und Männerwelten in der Kirche und gerechte Beteiligung im Mittelpunkt stehen.  

Zusammen fällt es leichter, Gott zu loben

Mit dem Mann aus Samarien kann zurückgeschaut und gedankt werden: Frauen sind  auf allen Ebenen in der Kirche und Gemeinde aktiv, müssen nicht mehr kämpfen um Anerkennung, jedenfalls oft nicht. Unbequeme Themen kommen auf den Tisch, neue Rollenmuster auch von Männern und Frauen und Verantwortlichkeiten werden diskutiert. Dennoch bleibt das „Und, was jetzt?“ stehen – Gott schickt Männer und Frauen auf den Weg, genau hinzuschauen und hinzugehen, wo Menschen aufgrund des Geschlechts benachteiligt werden und wo Strukturen und Traditionen auch in Kirche und Mission gleiche Chancen und gute Lebensbedingungen behindern.  
Gott hilft auf und schickt auf den Weg in Westfalen, wie in die Kirchen, mit denen die westfälische Landeskirche partnerschaftlich verbunden ist in Europa, Asien, Afrika und Amerika. Zusammen fällt es dann oft leichter, Gott zu loben, einander Geschichten von Erfahrungen mit Gott auf dem Weg zu erzählen und sich nicht im vorschnellen Aktionismus zu verheddern. So wird entdeckt, was dem „Und, was jetzt?“ folgen kann in Solidarität und im Gespräch miteinander – Gott sei Dank dafür!