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Comedian Gstettenbauer: “Erfolg kommt, wenn man loslässt”

Maxi Gstettenbauer ist Comedian – seinen Weg auf die Bühne fand er trotz Selbstzweifeln. In seinem Buch “11,5 Rules für dein erfolgreichstes Leben” hat er nun Tipps für Lebenskrisen aller Art gesammelt.

Früher hat er Videospiele kommentiert, heute steht er als mehrfach ausgezeichneter Comedian auf der Bühne: Maxi Gstettenbauer, 36 Jahre, hat sich damit einen Traum erfüllt. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) spricht er darüber, wie sich Humor in den vergangenen Jahren verändert hat und wie er dazu kam, einen Ratgeber zu schreiben. An Depression erkrankt, hat Gstettenbauer selbst einige solcher Bücher gelesen – und nun seine ganz eigenen “Erfolgsregeln” aufgeschrieben.

Frage: Warum sind Sie Comedian geworden?

Antwort: Ich wollte schon immer etwas auf der Bühne machen und in der Öffentlichkeit stehen. Lange Zeit habe ich mich aber nicht getraut, diesen Traum wirklich zu verfolgen. Irgendwann begann ich damit, Videospiele im Internet zu kommentieren. Das blieb nicht unbemerkt: Ein Sender wurde auf mich aufmerksam und holte mich nach Köln – die Hochburg der Medien- und Comedybranche.

Frage: Wie ging es weiter?

Antwort: In Köln und Umgebung trat ich zunächst auf kleinen Bühnen auf – fernab der großen Öffentlichkeit. Gerade am Anfang erlebt man viele Rückschläge. Das gehört dazu, und vielen meiner Kolleginnen und Kollegen ging es ähnlich. Durch neue Kontakte bekam ich nach und nach mehr Auftritte. Man nimmt am Anfang alles mit: Theater, Jugendzentren, Hochzeiten… Als ich dann bei “NightWash”, einem jungen Comedyformat, auftreten durfte, wurde ich zum ersten Mal einem größeren Publikum bekannt.

Frage: Was macht einen guten Comedian aus?

Antwort: Man muss Comedy wirklich lieben! Wer nur nach Applaus, Ruhm oder Geld strebt, wird langfristig scheitern. Es gibt immer wieder Phasen, in denen es nicht läuft – ein starker Auftritt kann trotzdem nicht zünden, oder das Thema, das man gewählt hat, trifft einfach nicht den Nerv der Zeit. Wer keine echte Freude an dem hat, was er tut, wird das kaum durchstehen. Comedy ist viel Fleißarbeit. Zur Vorbereitung eines Programms setze ich mich hin und überlege, was mich gerade beschäftigt und was ich Lustiges gesehen habe.

Tatsächlich ist das meiste jedoch nicht lustig, sondern man muss erst den Winkel finden, der es lustig macht. Dafür braucht es viel Disziplin.

Frage: Wird Comedy unterschätzt?

Antwort: Stand-up-Comedy ist wie ein Song. Jede Zeile muss sitzen – sowohl der Inhalt als auch der Sprachrhythmus. Ich arbeite meine Texte bis ins kleinste Detail aus, muss dann auf der Bühne aber immer authentisch und locker wirken. Deshalb übe ich vor den Auftritten viel. Was viele nicht wissen: Eine gute Comedy-Show bedeutet, vier bis sechs Lacher pro Minute zu erzeugen – und das über 90 Minuten hinweg. Das ist die Messlatte und echt hart.

Frage: Testen Sie neue Ideen, bevor Sie damit auf die Bühne gehen?

Antwort: Es ist wichtig, dass ich es selbst lustig finde. Wenn es mir gefällt, ist das ein guter Gradmesser. Kleine Grundideen teste ich bei meiner Frau – wobei ich es eigentlich vermeide, meinen Job ins Privatleben zu ziehen und mein Umfeld zu nerven. Wenn man sich jedoch zu lang allein mit einem Stoff beschäftigt, findet man ihn irgendwann nicht mehr lustig. Das passiert mir auch bei Bühnenprogrammen immer wieder. Ich komme oft an den Punkt, an dem ich das eigene Material nicht mehr lustig finde. Über 80-mal das Gleiche zu spielen, ist ermüdend. Dann lege ich Pausen ein, damit der Humor nicht verloren geht.

Frage: Sie sind seit über 15 Jahren im Comedy-Geschäft. Hat sich der Humor der Menschen über die Jahre verändert?

Antwort: Humor ist heute viel milieuabhängiger als früher. Damals, als noch alle Fernsehen schauten, gab es eine Art Mainstreamhumor. Man einigte sich auf bestimmte Stereotype, etwa Veganer, über die man sich lustig machte. Heute hat jedes Milieu seine eigene Reichweite, Influencer und Humorprotagonisten und damit auch einen eigenen Insiderhumor.

Außerdem ist jeder in seinem eigenen Humor sensibler geworden. Diskutiert wird darüber intensiv in den sozialen Medien. Einen Massenhumor wie früher gibt es heute kaum noch. Für Comedians bedeutet das: Man muss sich klar positionieren, um auf dem fragmentierten Markt sichtbar zu bleiben und eine Zielgruppe aufzubauen.

Frage: Ihr bisheriges Leben bestand nicht immer aus humorvollen Momenten. Sie sprechen offen über Ihre Depressionen und haben viele Ratgeber gelesen. Jetzt haben Sie selbst einen geschrieben: “11,5 Rules für dein erfolgreiches Leben”. Was macht ein Leben erfolgreich?

Antwort: Es gibt nicht das eine erfolgreiche Leben. Das ist die Message meines Buches. In der Selbsthilfe-Szene werden einem oft starre Regeln vorgegeben: Man müsse immer Tatkraft zeigen, das richtige Mindset haben. Das Leben beginnt aber genau dort, wo man aufhört, die Antworten bei anderen zu suchen. Es geht darum, die eigene Intuition zu schärfen. Jede meiner 11,5 Regeln basiert auf einer persönlichen Erfahrung, in der ich eine vermeintliche Erfolgsregel hinterfragt oder abgelegt habe – und genau daraus sind neue Erkenntnisse entstanden.

Frage: Sie schreiben, dass Ihnen die Dankbarkeit abhandengekommen sei. Eine Katze habe Ihnen geholfen, sie wiederzufinden. Wie kam das?

Antwort: Fiebi ist die Katze meiner Frau. Sie ließ sich lange Zeit nicht von mir streicheln. Je mehr ich auf Fiebi zugegangen bin, desto mehr hat sie sich zurückgezogen. Katzen sind eine wunderbare Analogie für Erfolg. Je mehr man Erfolg sucht und ihn unbedingt haben möchte, desto verbissener wird man und erreicht nicht, was man möchte. Eines Tages saß ich also zu Hause auf der Couch und las. Auf einmal setzte sich Fiebi neben mich. In diesem Moment habe ich verstanden: Vieles im Leben kommt, wenn man es gerade nicht erwartet und zuvor vielleicht losgelassen hat.

Damit war plötzlich auch die echte Dankbarkeit da. Vorher war Dankbarkeit für mich immer mit Leistung verknüpft: Ich muss dankbar sein. Doch dieses Erlebnis hat mir gezeigt, wie sich Dankbarkeit wirklich anfühlt. Oft kommen die wichtigen Lektionen im Leben ganz unspektakulär daher. Man muss sie nur erkennen.