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Christin mit Diskretion

Die demokratische Präsidentschaftskandidatin ist seit ihrer Kindheit Methodistin mit sozialem Gewissen. Aber längst nicht alle weißen Protestanten sind von ihr überzeugt

ddp images/Newscom

WASHINGTON – Ende Juli hatte sie ihr erstes Etappenziel erreicht. Beim Parteitag der Demokraten in den USA kürten die Delegierten Hillary Clinton zur Präsidentschaftskandidatin. Laut Umfragen hat die frühere First Lady und Ex-Außenministerin gute Chancen gegen den Republikaner Donald Trump. Doch bei einer Wählergruppe beißt Clinton auf Granit: bei vielen weißen Protestanten.
Dabei sollte das ein Heimspiel sein: Clinton ist eine Vorzeigeprotestantin. Auf der Webseite ihrer Kampagne steht: „Sie wurde als Methodistin erzogen und ihre Mutter lehrte in der Sonntagsschule.“ Sie habe sich die Lehre ihrer Kirche zu Herzen genommen, dass Gläubige „wenn immer möglich Mitmenschen Gutes tun müssen“. Ein Foto zeigt sie in ihrer Konfirmationsgruppe in Chicagos Park Ridge Methodistenkirche.

Als Christin verpflichtet, „Leiden zu lindern“

Seitdem ist Hillary Clinton aktiv in ihrer Kirche. Nach der Wahl ihres Ehemannes zum Präsidenten 1992 sagte sie dem methodistischen Informationsdienst, als Christin sei sie verpflichtet, „Leiden zu lindern“. Sie fühle sich bei den Methodisten zu Hause. 2014 sprach sie in Kentucky zu mehr als 6000 Methodistinnen: Die Frauen der Kirche hätten schon oft „die Ärmel hochgekrempelt und das soziale Evangelium in die Welt getragen“.
In den USA sind die Methodisten die zweitgrößte protestantische Kirche nach den Südlichen Baptisten. Fünf US-Präsidenten waren Methodisten. Der „Methodismus“ begann im 18. Jahrhundert in England als eine Erweckungsbewegung. Er betont „verbindlichen Glauben“ und soziales Engagement, oft „soziales Evangelium“ genannt. In Deutschland sind die Methodisten als „Evangelisch-methodistische Kirche“ bekannt.
Beim republikanischen Parteitag war Hillary Clinton ein rotes Tuch. Das begann beim Eröffnungsgebet eines Fernsehpredigers aus South Carolina. Er dankte Gott „im Namen Jesu“ für Donald Trump und stellte klar: „Unser Feind ist Hillary Clinton und die Demokratische Partei.“
Laut einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts „Pew Research Center“ wollen weiße Evangelikale und weiße Protestanten mehrheitlich für Trump stimmen. Nur 17 Prozent der weißen Evangelikalen seien für Clinton und nur 39 Prozent der Mitglieder der weißen Mainstream-Kirchen, zu denen man Lutheraner, Methodisten und Presbyterianer zählt.
Anders ist das bei den schwarzen Protestanten, bei denen Clinton auch wegen ihres sozialen Engagements Zuspruch findet. Laut Pew-Umfrage sind 89 Prozent der afroamerikanischen Protestanten für Clinton. Und sie punktet bei Menschen ohne religiöse Bindung: 67 Prozent für Clinton, 23 Prozent für Trump.
Demokratische Politiker haben schon seit Jahrzehnten Probleme mit weißen Protestanten. Den Kirchen laufen Mitglieder weg, wer bleibt, ist eher konservativ. Die Republikanische Partei hat sich zur Fürsprecherin von Familienwerten gemacht. Clintons Ja zum legalisierten Schwangerschaftsabbruch und zur Homo-Ehe sind für manche Kirchgänger Grund genug, Trump zu wählen.
Bei Abtreibung, Homo-Ehe und Trennung von Kirche und Staat haben sich die Demokraten nach links bewegt. Sie gewinnen dadurch die Stimmen vor allem junger Wähler, die sich von organisierter Religion distanzieren. Clinton repräsentiere „den fortschreitenden, aggressiven Säkularismus“, der christliche Einrichtungen bedrohe, sagte der Politikwissenschaftler am evangelikalen Union College (Tennessee), Hunter Baker, dem baptistischen Informationsdienst. Der Kasinogründer Trump ist kein Traumkandidat, doch er sei „möglicherweise besser“ als Präsident.
Im Wahlkampf spricht Clinton selten von ihrem Glauben, doch Anfang des Jahres hat sie ein umfangreiches Bekenntnis abgelegt. Das wichtigste Gebot sei, seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst, zitierte die „New York Times“ die Kandidatin. Doch es gebe viele verschiedene Wege, seinen Glauben zu zeigen. Gott allein werde richten. Toleranz und Respekt für andere Menschen hätten sie „demütig gemacht in ihrem Glauben“. Es mache sie traurig, wenn das Christentum benutzt werde, um „rasch zu verurteilen und hart zu richten“.