In der Diskussion um Äußerungen von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) zu politischen Stellungnahmen der Kirchen hat CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann deren Bedeutung betont. „Wir brauchen die Kirchen“, sagte Linnemann bei einem Empfang des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der Unionsparteien zum evangelischen Kirchentag in Hannover: „Sie können diesem Land als Kirche etwas vermitteln, was wir in der Politik nicht vermitteln können.“
Linnemann sagte, derzeit verlören Menschen Halt und Orientierung und gleichzeitig sei die Sehnsucht danach „so groß wie noch nie“. Diese Sehnsucht zu erfüllen, könne man in der Politik „nicht abschließend organisieren“. Deswegen würden die Kirchen „dringendst“ gebraucht. Der CDU-Generalsekretär, der anstelle des zunächst angekündigten Parteichefs Friedrich Merz zum EAK-Empfang kam, sagte, Kirche könne gleichzeitig nicht an die Stelle der Politik treten. Beide Seiten müssten „ihre Rollen verstehen“.
Klöckner hatte sich zu Ostern in der „Bild am Sonntag“ von den Kirchen mehr Sinnstiftung und weniger Stellungnahmen zu tagesaktuellen Themen gewünscht und damit eine Debatte ausgelöst. Sie wird den Kirchentag am Samstag besuchen.
Hannovers Bürgermeister wünscht sich Einmischung der Kirchen
Auch die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, nahm bei der Parteiveranstaltung Bezug zu der von Klöckner ausgelösten Diskussion. Christlicher Glaube sei „immer schon öffentlicher Glaube gewesen“, sagte sie, warb aber dafür, das Gemeinsame nicht zu vergessen: „Im Glauben gehören wir zusammen, auch wenn wir unterschiedliche Meinungen vertreten.“
Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay hat derweil die Kirchen ermutigt, zu politischen Fragen Stellung zu beziehen. „Kirche soll sich einmischen – auf mutige und beherzte Art, wie es das Motto des Kirchentages fordert“, sagte der Grünen-Politiker bei einem Empfang anlässlich des 39. Deutschen Evangelischen Kirchentages im Neuen Rathaus: „Das macht Kirche stark.“ Als Oberbürgermeister ist Onay Gastgeber des Protestantentreffens, bei dem noch bis zum Sonntag mehrere Zehntausend Menschen miteinander feiern, beten und diskutieren.
Der Kirchentag biete ein Forum, sich kritisch mit sich selbst auseinanderzusetzen, sagte Onay vor rund 350 Gästen aus Politik, Gesellschaft und Religion. Für diese offene Form der Auseinandersetzung werde Courage und innere Stärke gebraucht. Onay, der auch die türkische Staatsbürgerschaft besitzt, war 2019 zum ersten Oberbürgermeister einer deutschen Landeshauptstadt mit Migrationshintergrund gewählt worden.