Hamburg. Birgit Müller (59), seit über 20 Jahren Chefredakteurin der Hamburger Obdachlosenzeitung "Hinz&Kunzt", ist am Montag mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet worden. Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) überreichte ihr die Auszeichnung in den Redaktions- und Vertriebsräumen der Zeitung im Namen des Bundespräsidenten. Unter den Gästen waren auch Detlef Scheele, Chef der Bundesarbeitsagentur in Nürnberg, und Hamburgs ehemalige Diakoniechefin Annegrethe Stoltenberg.
Birgit Müller habe 1993 zum Start des Blattes einen sicheren Job beim "Hamburger Abendblatt" aufgegeben, sagte Senatorin Leonhard. Mit harter Arbeit und viel Kreativität sei es ihr und dem ganzen Team gelungen, eine der bundesweit auflagenstärksten Obdachlosenzeitungen zu etablieren. Damit schaffe sie es immer wieder, auf die "Problemlagen der Schwachen" aufmerksam zu machen. "Sie haben diese Auszeichnung verdient", sagte die Senatorin.
Herausgeber: Ich bin stolz auf Dich!
Hamburgs Diakoniechef und "Hinz&Kunzt"-Herausgeber Dirk Ahrens dankte Birgit Müller für ihr "unerschöpfliches Engagement" für die Obdachlosen. "Ich bin unglaublich stolz auf dich und dein Team", sagte er. Müller habe mit der Zeitung eine "hervorragende Balance von Parteilichkeit für die Obdachlosen und hohem journalistischem Niveau geschaffen, die einmalig ist in Deutschland".
Eigens aus Nürnberg war Detlef Scheele, Chef der Bundesarbeitsagentur, zu der Ordensverleihung angereist. Von März 2011 bis Oktober 2015 war Scheele Sozialsenator in Hamburg. Die Lage der Obdachlosen sei seit der Flüchtlingskrise nicht leichter geworden, sagte er. Dankbar sei er dafür, das "Hinz&Kunzt" diese beiden Gruppen nie gegeneinander ausgespielt habe.
"Ich leiste nichts Besonderes"
Als Sozialsenator habe er auch einige Male das Bundesverdienstkreuz verleihen dürfen, sagte Scheele. Und fügte zu Birgit Müller gewandt hinzu: "Unter all den Ordensträgern bist du die, die es am meisten verdient hat."
Birgit Müller bekannte, zuerst "peinlich berührt" gewesen zu sein, als sie von der Auszeichnung hörte. Denn sie leiste nichts Besonderes, sondern genieße das Privileg, genau das tun zu dürfen, was sie am liebsten täte: nämlich zu helfen, die Gesellschaft ein bisschen weniger ungerecht zu machen. Doch ein Bundesverdienstkreuz schaffe auch Aufmerksamkeit, sagte sie. Sie sehe die Verleihung als Auszeichnung des gesamten Teams und des ganzen Projekts.
Die erste Ausgabe von "Hinz&Kunzt" erschien am 6. November 1993. Gegründet wurde die Zeitung von dem damaligen Diakoniechef Stephan Reimers, Vorbild war das Londoner Straßenmagazin "Big Issue". Gemeinsam mit der Patriotischen Gesellschaft ist das Diakonische Werk Hamburg auch heute noch Gesellschafterin der gemeinnützigen Hinz&Kunzt GmbH. Die Zeitung hat nach Angaben ihres Geschäftsführers Jens Ade derzeit eine monatliche Auflage von 70.000 bis 75.000 Exemplaren. Vom Verkaufspreis von 2,20 Euro sind 1,10 Euro für den Verkäufer bestimmt. (epd)